In Episode 127, des überaus hörenswerten Podcasts I Hear of Sherlock Everywhere, bin ich auf die Theorie von Mattias Boström gestoßen, dass es zwei Sherlock Holmes gibt. Eine zunächst verwirrende Unterscheidung, die aber bei näherer Betrachtung und schlüssiger Argumentation Sinn macht. Boström argumentiert, dass es einen Original Holmes und einen Parallel Holmes gibt. Näheres dazu in dem heutigen Beitrag des SherlockSundays!

Original und Parallel Holmes

Mattias Boström argumentiert, dass es zwei Versionen bzw. Typen von Sherlock Holmes gibt. Der originale Sherlock Holmes ist die Version getreu nach Sir Arthur Conan Doyle. Exakt so, wie er im Kanon beschrieben wird. Somit ist er 1887 in The Study in Scarlet entstanden und hat sich natürlich im Verlauf der weiteren Abenteuer entwickelt.

Im Gegensatz zu der originalen Version, ist die zweite Variante, die Boström Parallel Holmes nennt, eine Version, die durch andere Personen geformt wurde. Bereits nach einigen Monaten nach der ersten Kurzgeschichte 1891 gab es die ersten Parodien von Sherlock Holmes. Drittpersonen beeinflussen somit das Bild, welches wir als Sherlock Holmes haben. Boström argumentiert, dass für die meisten Leute der Parallel Holmes der echtere ist, als die originale Version.

William Gillette’s Einfluss

William Gillettes Einfluss auf Sherlock Holmes

Ohne den Parallel Holmes würde dem Detektiv seine markantesten, charakteristischsten Markenzeichen fehlen: Deerstalker, gebogene Pfeife, der Spruch Elementary, my dear Watson! oder auch das Inverness Cape.

Einige dieser Markenzeichen des Parallel Holmes lassen sich auf William Gillette’s Bühnenauftritte zurückführen, in denen er die Sachen getragen hat. Boström sagt weiterhin, dass aufgrund der Vielzahl an Auftritten von Gillette, mehr Menschen diesen Parallel Holmes gesehen, als das Original gelesen haben. Somit formte sich das Bild des Detektivs bereits in diesen führen Jahren. Gillette’s Version zeigte bereits früh, was mit dem Detektiv gemacht werden kann bzw. in welche Richtung er geformt werden kann.

Aber nicht nur Gillette’s Version formte das Bild, welches wir heute von dem Detektiv haben. Bereits zahlreiche Parodien und Pastiche sind in dieser Zeit von 1900-1930 erschienen. Parodien verstärken bestimmte Eigenschaften des Detektivs in extremer Weise und formen so das Bild noch extremer als ein Bühnenstück à la Gillette.

Zwei Versionen verschmelzen zu einem Typen

Boström schlägt weiterhin vor, dass diese beiden Typen von Sherlock Holmes zu einem verschmelzen: Dem populärem Icon Sherlock Holmes (popular culture).

“Original Holmes was the origin of parallel Holmes, but parallel Holmes was the origin of popular icon Holmes.” (siehe Link in Quellen)

(Der originale Holmes ist der Ursprung des parallelen Holmes, aber der parallele Holmes ist der Ursprung des populären Icon (Symbolbild) von Holmes gewesen.)

Gute Beispiele des Parallel Holmes

Jetzt hört sich dieser parallel Holmes sehr negativ an und zerstört für den treuen Kanon-Sherlock-Holmes-Fan das Bild des Detektivs. Jedoch gibt es doch zahlreiche Gegenbeweise, die wirklich gute Versionen des Sherlock Holmes zeigen. Nennenswert sind natürlich, bezogen auf die Literatur, die Pastiches von Nicolas Meyer (The Seven-Percent-Solution) oder Lindsay Faye’s Werke (z.B. Dust and Shadow).

Und aus diesen Pastiches sind häufig auch gute Verfilmungen entstanden. Nennenswert sind hier zum Beispiel The Private Life of Sherlock Holmes oder natürlich auch die aktuelle Modernisierung Sherlock die die ganzen Merkmale in die Moderne transferiert.

Meiner Meinung nach macht es doch gerade Spaß, dass es beide Typen gibt. Als Fan des Kanons kann man so immer Vergleiche ziehen und kleine Hinweise der Autoren suchen. So entsteht auf einfache Weise ein kleines Suchspiel, was für mich ganz klar auch das Spiel ausmacht.

Weiterhin finde ich die Idee des originalen und parallel Holmes schlüssig und auch gut belegt. Ein, wie ich finde, neuer Blick auf den Detektiv. Auch wenn er in einigen Verfilmungen und Pastiches einiges durchmachen muss…


Quelle:


Zu weiteren SherlockSundays geht es hier.

 

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