Die gigantische Ratte aus Sumatra. Ein klassischer Ansatz aus einer mysteriösen Phrase aus dem Kanon in ein Pastiche zu verwandeln. Es ist die zweite Version über die gigantische Ratte aus Sumatra auf meinem Blog.. Diesmal ein Versuch von Paul D. Gilbert.

Zunächst der Hinweis und Vergleich zu Sherlock Holmes and the Giant Rat of Sumatra von Alex Vannemann: #13 Review: Sherlock Holmes and the Giant Rat of Sumatra

Worum geht es? (Spoilerfrei)

Es ist Herbst 1898 und in den Docklands in London kommt ein gigantisches Schiff am Hafen an. Der Klipper wurde bereits länger erwartet und hat etwas mysteriöses an sich. Auf dem Schiff Matilda Briggsgibt es nur ein Mitglied der Crew und dieser ist auch noch tödlich verwundet. Natürlich soll Sherlock Holmes diesen mysteriösen Fall lösen und die aufkommenden Fragen beantworten: Wo ist die restliche Crew? Warum kam das Schiff dermaßen spät an? Doch so richtig spannend findet Sherlock Holmes den Fall nicht. Er findet das Verschwinden einen berühmten Archäologen spannender…

Man könnte nun meinen, dass es zwei Fälle in dem Pastiches gibt. Und dies gilt grundsätzlich auch. Zum einen das mysteriöse Schiff, welches von Lestrade offiziell untersucht wird (aber Sherlock Holmes die Arbeit macht…) und das Verschwinden des Archäologen. Natürlich kommen diese Geschichten, ohne genau ins Detail zu gehen, später zusammen.

Aufbau und Struktur

Es ist notwendig ein wenig über die Struktur des Pastiches zu sprechen. Das Verschwinden des Archäologen findet hauptsächlich in der Baker Street statt und wird durch verschiedene Briefe von Daniel Collier erzählt. Natürlich analysiert Sherlock die Briefe detailliert und kommt zu dem Entschluss:

„The stationary comprises various types of coarse Indian paper and the ink is weak and watery.“ (S. 53)

Der Inhalt der Briefe ist sehr detailliert beschrieben und beschreibt die Abenteuer des Vaters von Daniel Collier in Sumatra. Aber auch die Briefe scheinen Holmes an vielen Stellen einfach nur zu langweilen:

„Holmes seemed to lose his concentration“ (nach einem Brief) S. 91.

Der Wendepunkt: Tilat

Doch an einem Punkt kommt dann wieder Leben in die Baker Street und Sherlock Holmes ist hellwach. Die Beschreibung von Tilat, auch genannt The Giant Rat:

„The Giant Rat was certainly a giant, for he stood at well over six feet five inches, the hood and cruiser robe that he wore making him appear to be all taller and more awe inspiring.“ S. 117

Gerade diese Beschreibungen sind die großen Stärken und aus meiner Sicht auch eine Schwäche. Denn diese Briefe sind lang und nehmen gerade in Mitte des Buches viel Platz ein. Dort könnte man nicht von einem klassischen Sherlock Holmes Abenteuer sprechen.

Aber der Titel Sherlock Holmes and the Giant Rat of Sumatra kommt nicht nur von Tilat, sondern auch von einer großen Holzbox — which contained the rather unpleasant creature indigenous to Sumatra, known as the Rat Monkey. Es folgen wieder zahlreiche tödliche Beschreibungen über diese Kreaturen.

Irgendwann aber der Mitte des Buches löst Holmes zunächst den Fall der Matilda Briggs und ist laut ihm keinerlei Problem gewesen:

„(…) the solution to this riddle did not tose my powers of reasoning to any great extent.“ (S. 157)

Wenn da Sherlock Holmes nicht mal falsch ist…

Meine Gedanken zu Sherlock Holmes and the Giant Rat of Sumatra

Der Pastiche ist einfach sprachlich klasse geschrieben und lässt sich gut auf Englisch lesen. Auch der Sprachstil von Arthur Conan Doyle ist sehr vergleichbar mit unserem Kanon, mit der Einschränkung der Briefe von Daniel Collier. Denn gerade hier sind die Beschreibungen sehr detailliert und man könnte denken, dass es sich nicht um ein klassisches Sherlock Holmes Abenteuer handelt.

Ohne jetzt den weiteren Verlauf des Pastiches zu spoilern. Das Ende und die Struktur des Plots mit den beiden Handlungssträngen ist gut konstruiert, auch wenn man hier auch von Zufällen sprechen kann. Weiterhin hat mir der Einsatz der Baker Street Irregular Bande gut gefallen, die doch wesentlich zum Fall beitragen und auch hier glaubwürdig eingebunden wurden (Mr. ´Olmes sage ich da nur…) .

Klassische Merkmale: Check!

Paul Gilbert hat auch wie selbstverständlich die typischen Merkmale einer Geschichte à la Doyle eingebaut. Die typischen Phrasen sind vorhanden und die üblichen Figuren sind wie im Kanon (Hudson, Lestrade). Doch gerade bei den üblichen Sprüchen von Holmes ist Gilbert, aus meiner Sicht, ein Schritt weitergegangen und neue, passende Sprüche eingebaut:

„Have I not told you on many occasions that time is to be used as our tool and that we should never be its slave?“ (S. 135)

Ich meine es gibt dieses Zitat so in dieser Form nicht im Kanon, kann mich aber auch irren… Aus meiner Sicht jedoch ein typischer Spruch von Holmes, den auch Conan Doyle hätte verwenden können.

Auch die mentale Stärke der Deduktionen der Fälle ist glaubwürdig eingebunden und wird durch seine physische Stärke des Kampfsports insbesondere am Ende des Romans gefördert.

Für wen Sherlock Holmes and the Giant Rat of Sumatra ist? Auf jeden Fall für Sherlock Holmes Fans, die eine detaillierte Beschreibung der Geschehnisse in einer Briefform erleben wollen und eine wirklich gelungene Struktur des Plots genießen wollen, bei dem am Ende alles zusammenpasst. Denn gerade das Ende ist neben dem Sprachstil eine große Stärke des Romans. Aus meiner Sicht waren die Briefe an einigen Stellen zu lang und zogen das Buch in die Länge. Im Vergleich zu Sherlock Holmes and the Giant Rat of Sumatra von Alan Vannemann fand ich diese Interpretation deutlich besser!

+ 2 Fälle in einem Roman mit glaubwürdiger Plotstruktur

+ Sprachstil von Conan Doyle absolut gelungen (bis auf die Briefe)

Das Ende ist absolut gelungen!

die detaillierten Beschreibungen der Briefe sind lang und ziehen den Roman

klassische Sherlock Holmes Fälle: JA, aber in den Briefen manchmal nein.

   

(4 von 5)


Gilbert, Paul D. 2011. Sherlock Holmes and the Giant Rat of Sumatra. Robert Hale.


Weitere Reviews findest du, wie immer, hier.

 

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