Das Buch Holmes of the Movies: The Screen Career of Sherlock Holmes kann man so ziemlich als eines der ersten Filmbücher bezeichnen. Doch ist das Werk von David Stuart Davies trotz seines Alters überzeugend?

Aufbau und Struktur

Gerade das Cover von Holmes of the Movies ist grandios und zeigt das Alter von 1976 an. Das Buch ist ein Begleitbuch für alle Sherlock Holmes Filme ab 1903 mit Sherlock Holmes Baffled bis zu einem Ausblick auf Nicholas Meyer’s Buchadaption The Seven-Per-Cent-Solution. Gegliedert wird Holmes of the Movies dabei in 14 verschiedene Kapitel:

  1. Sherlock Holmes: An Introduction
  2. The Silent Sherlock
  3. A Theatrical Diversion
  4. Holmes Talks!
  5. Critics’ Choice
  6. The Ideal Holmes
  7. The Baker Street Dozen
  8. His Last Bow
  9. Sundry Sherlocks
  10. Hammer’s Hound
  11. The Authentic Holmes
  12. Sherlock in the Sixties
  13. Wilder in Baker Street
  14. ‘The Old Wheel Turns’

Ich finde gerade die Überschriften zu den einzelnen Kapiteln sehr gelungen, die doch an einen witzigen Charakter haben (z.B. Holmes Talks! als Übergang von Stummfilm zu ersten Filmen mit Ton). An manchen Stellen kann man sich auch noch überraschen lassen, worüber es denn nun in dem Kapitel geht.

Holmes of the Movies geht natürlich chronologisch vor und erzählt auf lockerer Weise einige Anekdoten über die Filme. Selbstverständlich gibt es die Highlights wie William Gillette, Basil Rathbone und Peter Cushing. Aufgrund des Alters von Holmes of the Movies gibt es immer den Vorteil, dass der Fokus häufig auf älteren Filmen liegt. So gibt es längere und sehr gelungene Ausführungen zu Eille Norwood und Arthur Wontner. Zwischen den Kapiteln gibt es dann auch noch Randbemerkungen für kleinere Adaptionen (z.B. They Might be Giants). Insbesondere die Kapitel über Basil Rathbone und Peter Cushing sind länger und ausführlicher.

Ausführlich heißt aber leider auch, dass es bei Holmes of the Movies eher um eine Zusammenfassung von den Filmen geht und weniger mehr um Anekdoten und den Kontext des Films. Daher ist z.B. die Kapitel 7+8 eine Zusammenfassung aller Rathbone-Filme auf rund 35 Seiten.

Nennenswerte Fakten aus Holmes of the Movies

Wenn ich neue Bücher lese, dann nehme ich meistens immer neue Anekdoten und Details mit, die an dieser Stelle ausgeführt werden. Der Grundtenor des Buches und eine tolle Zusammenfassung von David Stuart Davies lässt dieser Satz vermuten:

“As William Gillette was Holmes to pre-war theatre audiences, and Rathbone was Holmes to the war-time moviegoers, Peter Cushing emerged as the Sherlock of the post-war years.” (S. 117)

Dieser Gedanke und die Einteilung dieser 3 großen Namen finde ich außerordentlich gelungen und beschreibt die Situation gut in Kontext der geschichtlichen Ereignisse. Heutzutage könnte man natürlich die Einteilung fortführen und die BBC-Serie Sherlock noch mit einbeziehen.

Gerade der Übergang von Stummfilmen zu vertonten Filmen war für den Meisterdetektiv ein großes Ereignis und Clive Brook gehört laut Holmes of the Movies  zu dem ersten Sherlock, der vertont wurde. Davies kommt bei dem Übergang zu den Entschluss:

“Reading captions of ‘Elementary, my dear Watson’ hardly has the same power and efficacy as the spoken word.” (S. 40)

Und das spielt natürlich nicht nur bei Sherlock Holmes eine große Rolle und bietet den Regisseuren und Produzenten einen größeren Handlungsspielraum.

Die Absicht von The Private Life of Sherlock Holmes von Billy Wilder wird von dem Regisseur folgendermaßen dargestellt:

“The intention of the film was to fill what Conan Doyle left out.” (S. 144)

Ob das so erfolgreich war, lasse ich mal dahingestellt sein… Nichtsdestotrotz gilt Billy Wilder als akribischer Regisseur, der besessen ist von Details. So auch die Vorbereitung zu dem Film:

“Before shooting started, Wilder presented the volumes of Baring-Gould’s Annotated Sherlock Holmes Holmes as gifts in order that they immerse themselves in the atmosphere and background of theirs parts.” (S. 144)

Eine absolut geniale Vorbereitung, die man ja auch von der Granada Verfilmung mit Jeremy Brett gehört hat. Doch leider ist dann The Private Life of Sherlock Holmes nicht zu 100% überzeugend.

Die Absicht von Holmes of the Movies

Natürlich ist die Absicht des Buches, dass man ein deutlicheres Bild der Filme von 1903 bis 1976 erhält und zusätzliche Informationen erhält. Doch leider ist Holmes of the Movies an vielen Stellen einfach nur eine Zusammenfassung der Filme und keine Erklärung zu der Entstehung, der Vorgehensweise oder Schwierigkeiten bei der Produktion. Teilweise gibt es an einigen Stellen absatzweise nur zitierte Dialoge aus den Filmen, die David Stuart Davies hervorheben wollte. Insbesondere bei dem Kapitel über Basil Rathbone fällt mir das ins Auge.

Trotzdem bietet das Buch zahlreiche Anekdoten über kleinere, und mir unbekannte, Verfilmungen, die ich mir auch für mögliche SherlockSundays aufgeschrieben habe. Ein Beispiel wäre hier Pimple’s Case of Johnny Walker, A Study in Skarlit, eine sehr frühe Parodie oder aber auch A Case for Sherlock Holmes von 1911, wo gar kein Sherlock Holmes mitspielt…

Insbesondere gut hat mir das Kapitel über Peter Cushing und Arthur Wontner gefallen, da diese zum Teil recht viele Details hatten (z.B. den schwierigen Karrierestart von Peter Cushing und der Beginn der Hammer Filme) und mir einige Filme mit Arthur Wontner schmackhaft gemacht wurden. Diese habe ich nämlich noch nicht geschaut. Einige lesen sich doch sehr spannend. So zum Beispiel The Sleeping Cardinal (oder auch Sherlock Holmes’ Fatal Hour in Amerika genannt) wird von Davies zwar als lang und langsamer Erzählweise deklariert aber für ihn in vielen Bereichen eine der besten Filme von Wontner. David Stuart Davies’ Lieblinge sind ganz klar Basil Rathbone und Peter Cushing, die, ich nehme mal an, in seiner Kindheit bzw. Jugendzeit eine größere Rolle gespielt haben.

Zum Schluss noch eine tolle Anekdote aus John Dickson Carr’s Biografie, die Davies zitiert. Hier wird William Gillette charakterisiert und das Treffen mit Arthur Conan Doyle skizziert:

“And out of it [Zug], in a long grey cape, stepped the living image of Sherlock Holmes.” (S. 32)

Natürlich hat William Gillette viele Eigenschaften von unseren Detektiv Sherlock Holmes massiv geprägt. Dabei zählt aber nicht nur das Aussehen.

Für wen ist Holmes of the Movies nun? Wozu kann ich es verwenden?

Wie immer an der Stelle ist das Buch für jeden Sherlock-Holmes-Fan zu empfehlen. Es kann auch schon als Klassiker bezeichnet werden, da es als eines der ersten Filmbücher über Sherlock Holmes ist. Ein direktes Nachschlagewerk ist es nicht, obwohl am Ende auch ein Filmindex angeheftet wird. Wer die meisten Filme kennt, der wird hier leider nichts neues erfahren und höchstens das Gefühl bekommen, die Filme wieder anzuschauen (so z.B. bei mir The Hound of the Baskervilles mit Peter Cushing).

Wer aber eine kurze Zusammenfassung von Filmen haben möchte und den Fokus eher auf die frühe Zeit der Sherlock-Holmes-Filme legt, der kann auf jeden Fall zugreifen. Denn der Fokus liegt aufgrund des Alters klar auf die früheren Adaptionen. Für mich persönlich gehört das Buch auf jeden Fall in jede Sammlung, denn die Bücher von David Stuart Davies sind aus meiner Sicht Pflicht! Natürlich ist das Buch Sherlock Holmes on Screen von Alan Barnes wesentlich detaillierter.

+ Kurze Kapitel, tolle Überschriften, lockerer Erzählstil

+ viele schwarz/weiß Bilder für die Stimmung

Anekdoten über die Filme vorhanden

an einigen Stellen mehr eine Zusammenfassung als eine Analyse/Kontextualisierung der Filme

das Cover hat irgendwie einen klassischen Charakter und spricht mich sofort an, obwohl es schon älter ist.

   

(4 von 5)


Davies, David Stuart. 1976. Holmes of the Movies: The Screen Career of Sherlock Holmes. New English Library.


Weitere Reviews findest du, wie immer, hier.

 

Eine Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert