Mit der Veröffentlichung der englischen Ausgabe im August 2017 folgt nach der schwedischen (2013-2014), dänischen (2014) und der deutschen (2015) Ausgabe die kompletteste Ausgabe über die Geschichte, wie wir das Icon, das Statussymbol, Sherlock Holmes erschaffen und geformt haben. In dieser Rezension möchte ich nicht nur das Buch vorstellen, sondern auch einen Vergleich der drei Ausgaben präsentieren.

Gliederung und Inhalt

Bereits der Untertitel The story of the men and women who created an icon lässt erahnen, dass es kein Buch über Sherlock Holmes selbst, sondern der Prozess wie es zu dem Vorstellungsbild Sherlock Holmes gekommen ist.

Bereits zu Beginn des Buches spannt Boström den Bogen zur aktuellen BBC-Serie Sherlock, das aktuelle Projekt des Meisterdetektivs in der heutigen Zeit, um klar zu machen, dass dieser Detektiv immer noch aktuell und präsent ist. Sofort springt Boström dann zu den Anfängen und dem Erschaffer selbst.

Die Kapitel sind klar in unterschiedliche Jahrzehnte gegliedert und jemand, der bereits schon etwas mit Sherlock Holmes erfahren hat, weiß ungefähr was nun kommt. Für jemanden, dem alles neu ist, bietet diese Einteilung in den Kapiteln jedes Mal eine Überraschung, die mit vielen kleinen Anekdoten verfeinert worden sind.

Das Buch gliedert sich grob gesprochen in 3 Teile. Der erste Teil handelt hauptsächlich von Arthur Conan Doyle und dem Erschaffen seiner Figur, seinem Tod und der Auferstehung. Jeweils aber mit dem Fokus auf dem Autor selbst und nicht der fiktiven Figur.

Das nächste Drittel spielt hauptsächlich nach dem Tod von Sir Arthur Conan Doyle nach 1930 und der Verwaltung des Erbes der Söhne. Die zahlreichen Copyright Verstöße, der Streit um die Figur Sherlock Holmes und die gnadenlose “Geldmacherei” sind negativen Folgen in diesem Drittel.

Der letzte Teil dreht sich hauptsächlich um Filme, Theater und Radio. Also alles Erzeugnisse, die mit Sherlock Holmes zu tun haben. Schwerpunkt ist hierbei die Granada-Verfilmung mit Jeremy Brett oder die Radioshows von Edith Meiser.

Leidenschaft PUR

Bereits auf den ersten Seiten merkt man, dass hier ein Autor mit purer Leidenschaft schreibt und in dem Thema vollkommen aufgeht. Die Recherche ist (meiner Meinung) lückenlos und authentisch. Durch die chronologische Reihenfolge konnte ich jederzeit dem Geschehen folgen und wusste grob was mich erwartet. Trotzdem gab für mich es so viele neue Anekdoten und Mini-Geschichten, die die einzelnen Kapitel interessant gestaltet haben.

Boström komprimiert Texte, Kommentare, Illustrationen, Filme, Podcasts und z.B. Theaterstücke in eine Erzählung, die immer weiter voranschreitet in den Jahren. Durch die Fülle an Informationen könnten sich Sherlockianer-Neulinge erschlagen fühlen, für den Experten bietet das Buch zahlreiche neue Anekdoten und Geschichten. Boström presst somit 140 Jahre Arthur Conan Doyle und Sherlock Holmes in eine überragende Erzählung und lässt uns Zeuge dieser Ereignisse sein.

Weiterhin bekommt man auch ein grundlegendes Gefühl über die wichtigsten Sherlock-Holmes-Gesellschaften und deren Einfluss auf die Welt von Sherlock Holmes. Sherlockianer wie Christopher Morley oder Vincent Starrett präsentieren die wichtigsten Personen in dieser anfänglichen Gesellschaft um 1940.

Insbesondere gefallen haben mir die persönlichen Erfahrungen zum Ende des Buches gefallen (letzten 50 Seiten), in der Boström zur “Ich”-Perspektive gewechselt ist. Da das Buch nun in den Jahren angekommen ist als Boström geboren wurde, (geb. 1971) bekommt das Buch noch eine weitere persönliche Note. Dort wird seine Leidenschaft insbesondere deutlich.

Unterschiede der drei Versionen

Die Unterschiede der drei Versionen belaufen sich auf die zusätzlichen Kapitel. In der originalen Ausgabe Från Holmes till Sherlock gibt es 89 Kapitel, in der deutschen Ausgabe 88 Kapitel und in der englischen Ausgabe  111 Kapitel. Wenn man dem Englischen mächtig ist, lohnt es sich also die englische Ausgabe zu kaufen, welches die kompletteste Ausgabe ist. Die zusätzlichen 30 Kapitel in der englischen Ausgabe teilen einige Jahrzehnte näher ein. Während die schwedische und die englische Ausgabe 6 große Parts haben, hat die englische Ausgabe 8 große Parts.

Dazu eine kurze Übersicht, die die 3 Versionen gegenüberstellt:

Wie man sieht sind in den 3 Ausgaben die ersten 5 Parts gleich und gehen dann ab Part 6 auseinander. Insbesondere in der englischen Ausgabe sind die Jahrzehnte feiner ausgearbeitet.

Warum habe ich nun 3 Ausgaben von dem gleichen Buch?

Für mich hat dieses Buch zusätzlich eine persönliche Bindung, da Boström mir 2014 das schwedische Exemplar zu der Vorbereitung meiner Bachelor-Arbeit über Sherlock Holmes zugesendet hat. Dort habe ich bereits das Buch auf Schwedisch verschlungen. Zusätzlich waren die 40 zusätzlichen Seiten am Ende des Buches eine wertvolle Quelle für meine Recherche, bei der Boström alle Quellen und Referenzen als Bibliografie zusammengestellt hat.  Wer also einige wirkliche Geheimtipps braucht für die Recherche zu einem Thema, der findet allein in diesem Buch zahlreiche Quellen. Ob man sie dann auch findet, ist eine andere Frage!

“Für Philipp mit den wärmsten sherlockianischen Grüßen von dem Autor Mattias Boström”

Die englische Ausgabe habe ich mir natürlich gekauft, da sie über 20 neue Kapitel enthält und daher die kompletteste Ausgabe von Boström darstellt. Boström war hier so nett und hat mir ein signiertes Exemplar zu meinem Großvater in Schweden schicken lassen (siehe auch Beitrag im SherlockSunday #7: Reisebericht von Boström’s Buch).

Schade leider, dass die deutsche Ausgabe nur in einem verstärktem Taschenbuch erhältlich ist.

Ein (kleines) wenig an Kritik

Für mich ist das Buch nahezu eines der besten Sherlock Holmes Bücher, welches ich gelesen habe, unabhängig von der persönlichen Beziehung zu dem Buch.

Trotzdem hat das Buch an einigen Stellen Längen. Insbesondere im mittleren Drittel des Buches über die Söhne, dem Copyright von Sherlock Holmes und der “Geldmacherei” war zu lang und an gewissen Stellen zu zäh. Auch wenn dieser Teil wichtig für das Verständnis Figur nach dem Tod von Arthur Conan Doyle ist, so hätten diese ein wenig kürzer gestaltet werden können.

Ein wenig mehr Details von einigen ausgewählten Filmen wäre ebenfalls wünschenswert gewesen. Ich kann aber verstehen, dass es aufgrund des langen Zeitraums von der Geburt von Arthur Conan Doyle bis heute einfach zu viel zu erzählen gäbe. Sonst hätte das Buch über 1000 Seiten gehabt. Auch der Fokus auf die aktuelle BBC-Verfilmung hat ein wenig gefehlt.

Fazit

Für mich bietet dieses Buch eine umfassende, umfangreiche Erzählung über den Prozess, wie Sherlock Holmes zu seinem Vorstellungsbild geworden ist. Allein die Fülle an Informationen und die Wichtigkeit der Person William Gillette und seinem Theaterstück Sherlock Holmes war für mich neu und sehr interessant. Für mich sind es, diese fast schon unendlich kleinen Details und Anekdoten, bei der jeder Leser etwas neues entdecken kann.

Die Fülle an Details und Recherche ist einfach bemerkenswert. Auch die Länge des Buches hat mich am Anfang skeptisch gemacht, welches aber schnell durch den flüssigen Schreibstil sofort vergessen wurde. Ich konnte kaum aufhören… Zu verdanken ist dies aber auch den kurzen Kapiteln, bei der ich immer wissen wollte, wie es nun weitergeht.

Genug, der Schwärmerei. Die Bewertung ist eigentlich klar…

 

(5 von 5)


Quellen:


Weitere Reviews findest du, wie immer, hier.

 

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