Der Name des Buches ist wie sofort erkennbar exakt der Name dieses Blogs. Jedoch ist dies reiner Zufall gewesen, da ich dieses Buch erst kürzlich gekauft habe und vorher noch nichts von diesem Buch gehört habe. Ich war aber von dem Titel sofort angetan und wollte es unbedingt lesen. The Sherlockian ist gewissermaßen ein fiktional-historischer Roman, der auf mehreren Ebenen eine Geschichte erzählt. Die Geschichte von dem verlorenen Tagebuch von Sir Arthur Conan Doyle.

Das Buch der zwei Geschichten [spoilerfrei]

Das Buch The Sherlockian von Graham Moore erzählt die Geschichte von Harold White, dem neuesten und jüngsten Mitglied der Baker Street Irregulars und Arthur Conan Doyle in der Zeit nachdem er Sherlock Holmes “getötet” hat. Jedes Kapitel des Buches wechselt bis zum Ende zwischen 1900 und 2010 hin und her und gibt in jedem Kapitel einen neuen Baustein preis.

Arthur Conan Doyle wird von der Gesellschaft verachtet, da er seinen Detektiv Sherlock Holmes in den Reichenbachfällen getötet hat. Er wird auf der Straße beleidigt und bepöbelt. Conan Doyle wird aufgrund des Erschaffens seiner Figur von Scotland Yard zu Rate gezogen, um Morde aufzuklären. Diese löst er mithilfe seines Freundes Bram Stoker, dem Erschaffer der Figur Dracula.

Harold White ist das neueste und jüngste Mitglied der Baker Street Irregulars.  Das prominente Mitglied Alex Cale möchte am Abend des Dinners eine großartige Neuigkeit verkünden: Er hat das verlorene Tagebuch von Conan Doyle gefunden, welches die Gedanken des Autors beschreiben soll als er Sherlock Holmes getötet hat. Doch Alex Cale wird kurz vor Erscheinen des Dinners ermordet aufgefunden. Harold White nimmt sich in sherlockianischer Manier den Fall an und ermittelt zusammen mit der mysteriösen Sarah. Für Sherlockianer ist das verlorene Tagebuch sozusagen der Heilige Gral, der einiges über den Tod von Sherlock Holmes aufklären soll.

Die grundlegende Frage des Romans lautet daher: Was steht in den verlorenen Tagebüchern, die in dem Handlungsstrang von Harold White 2010 gefunden wurden? Der Roman präsentiert erst am Ende eine schlüssige Lösung und verbindet beide Handlungsstränge clever bis zum Ende…

Ein Genuss für Sherlockianer!

Das Buch ist gerade für Sherlock-Holmes-Enthusiasten ein Hochgenuss. Wer sich in der Zeit von Arthur Conan Doyle einigermaßen auskennt, Zitate von Arthur Conan Doyle und Sherlock Holmes kennt und Persönlichkeiten der Zeit kennt, der wird hier seine Freude haben. Doch warum genau?

Zunächst ist da die Figur Bram Stoker, die den Handlungsstrang von Conan Doyle begleitet und sozusagen als John Watson agiert. Conan Doyle spielt den Sherlock Holmes und setzt seine eigenen erfundenen Fähigkeiten der Deduktion ein, um die Morde aufzuklären. Dabei gibt es immer wieder Parallelen zu den Sherlock Holmes Abenteuern…

Diese werden häufig in Sätzen eingebaut, die die Figuren sagen. Harold White sagt z.B. im späteren Verlauf der Geschichte:

“What an ego Conan Doyle must have had, to think that just because he wrote mystery stories, he could solve real-life mysteries.” [S. 213-214]

Eine klare Andeutung, dass Realität und Fiktion nicht zu vergleichen sind. Witzig natürlich, wenn die fiktive Figur “Harold” dies über der realen Figur “Arthur” sagt. Auch das Verständnis der Figur Sherlock Holmes wird durch diesen Roman aufgegriffen:

Well, a detective needs an audience. Arthur felt that he understood his old Holmes more and more with every passing day. [S. 146]

Zum Schluss resümiert und analysiert Graham Moore noch die Abenteuer von Sherlock Holmes und vergleicht die beiden Welten. Die Welt von Sherlock Holmes, die in seinen Abenteuern immer eine Lösung findet. In der Realität ist dies nicht immer möglich und unrealistisch. Dies ist sozusagen auch das Motto dieses Buches:

In those stories we live in an understandable world. We live in a place where every problem has a solution and if we were only smart enough, we could figure them out. [S. 256]

Ein sehr interessanter Ansatz, der einen runden Abschluss findet, nachdem das Geheimnis gelüftet wurde… Natürlich erweitert Arthur Conan Doyle diese Welt am Ende des Romans, indem er zu seinem Freund Bram Stoker berichtet, dass er an einer neuen Geschichte mit Sherlock Holmes arbeite. Wir wissen alle welche Geschichte dies sein wird. Die Geschichte mit dem schrecklichen Hound…

Die (traurige) Geschichte hinter dem Buch

Das fiktional-historische Buch The Sherlockian von Graham Moore basiert auf realen Fakten rund um das verschwundene Tagebuch von Conan Doyle. In den angefügten Author’s Note gibt Moore den fiktional-historischen Einfällen einen Realitätsbezug. In 2004 hat der bekannte Sherlockianer Richard Lancelyn Green verkündet, dass er die verlorenen Tagebücher gefunden hat. Green behauptete, dass ein entfernter Verwandter von Conan Doyle diese Papiere von Conan Doyles Tochter gestohlen hat.

Es begann ein Streit zwischen Green und dem Verwandten und Green hatte Angst um sein Leben. Er bekam auch Drohbriefe. Am 27. März 2004 fand man Richard Lancelyn Green tot in seiner Wohnung. Erdrosselt mit einer seiner Schnürsenkel. Der Fall ist bisher nicht von der Polizei aufgelöst und ist bis heute ein Mysterium.

Basierend auf diesen Ereignissen befinden sich einige davon in dem Buch The Sherlockian wieder. Graham Moore sagt hierzu deutlich in den Author’s Note:

“While The Sherlockian is a work of historical fiction, the emphasis needs to be placed on the word ‘fiction’. Many of the events described here did not happen, and many of the characters rendered did not exist.” [S. 347]

Fazit

Das Buch The Sherlockianer ist ein ganz klares Muss für jeden Sherlock-Holmes-Fan.

Persönlich fand ich, dass die Figur Harold White und die mysteriöse Sarah zu blass waren und ich mich in wenigen Situationen mit den Figuren identifizieren konnten. Dafür fand ich den Handlungsstrang mit Arthur Conan Doyle und Bram Stoker umso mehr überzeugender.

Die Erzählstruktur ist grundlegend sehr passend und wird zum Ende des Romans immer offensichtlicher, wo die Reise hingeht. Also ein zweischneidiges Schwert: Am Anfang sehr abwechslungsreich, zum Ende aber immer offensichtlicher. Da ich den Erzählstruktur von Harold White nicht durchgehend gelungen fand, ist die Erzählstruktur beim Lesen ein kleines Hindernis.

Jedoch ist die Verbindung von Geschichte und Fiktion sehr gelungen. Insbesondere wenn man die tieferes Wissen rund um Sherlock Holmes und Arthur Conan Doyle kennt, ist dieses Buch ein Fest! Viele Details, Orte, Persönlichkeiten und Fakten sind unterschwellig eingebunden. Man merkt hier die Leidenschaft des Autors und die gründliche Recherche. Aber auch für Nicht-Sherlockianer bietet das Buch The Sherlockian eine spannende Geschichte rund um Arthur Conan Doyle und seiner Welt.

   

(4 von 5)


Quellen:

 


Weitere Reviews findest du, wie immer, hier.

 

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