Heutzutage ist dem Sherlock-Holmes-Fan das große Spiel (The Great Game) hinreichend bekannt und wird in alle Richtungen und Denkweisen gespielt. Doch gab es bereits diese Gedankenspiele während die Abenteuer noch erschienen? Ja! Im Jahr 1902 erschien von Frank Sidgwick ein Kommentar zu The Hound of the Baskervilles.

1902 und Frank Sidgwick

Frank Sidgwick (Photo courtesy Philip Sidgwick, Frank Sidgwick’s grandson)

Das muss man sich mal vorstellen und auf der Zunge zergehen lassen: Am 23. Januar 1902 erschien (wahrscheinlich) der erste Kommentar/Artikel zu den Abenteuern von Sherlock Holmes und der Anfang des The Great Game. Veröffentlicht im Cambridge Review 23, No 2 (Januar 1902) fand der kritische Kommentar zu HOUN keinerlei Beachtung. Wie denn auch, da es eine Gesellschaft von Sherlock-Holmes-Fans noch nicht gab. Doch natürlich im Zuge der Gründung der The Baker Street Irregulars recherchierte man die Anfänge von Sherlockiana. Klar, es gab Ronald Knox mit seinem bekannten Werk Studies in the Literature of Sherlock Holmes, doch Knox war zunächst der Bekannteste.

Kurz über Frank Sidgwick: Lebte von 1879-1939, war englischer Verleger, Autor und Redakteur. Viel mehr ist über Sidgwick im Bezug auf Sherlock Holmes zunächst nichts zu berichten. Laut The Grand Game: A Celebration of Sherlockian Scholarship Volume One (1902-1959) ist Frank Sidgwick mit “The Hound of the Baskervilles“ at Fault der erste Sherlockianer aus England, der einen provokativen Kommentar über Sherlock Holmes und HOUN geschrieben hat.

Ein Fun Fact vor dem Inhalt: Der Kommentar erschien im Januar 1902. Mitten in der Veröffentlichung der einzelnen Abschnitte im The Strand Magazine. Daher kannte Sidgwick noch nicht den gesamten Inhalt!

„The Hound of the Baskervilles“ at Fault (1902)

Erstausgabe von HOUN in der Marylebone Library: Ist Watson (Doyle) so falsch mit seinen Datumsangaben?

Nun aber zu dem Kommentar und dessen Inhalt. Grundsätzlich geht es in dem Kommentar über The Hound of the Baskervilles und die Fehler von Watson im Bezug auf Datumsangaben. Dazu unterteilt Sidgwick seinen Kommentar in zwei Fehler von Watson ein:

Frank Sidgwick stellt sich folgende Frage dabei: Did Sir Charles mean to go from Devonshire to London on a Sunday? Nämlich im Kapitel XI sagt Laura Lyons dann noch: saw his (Sir Charles’) death in the paper the next morning. Sidgwick stellt diese Datumsangaben in Frage und erläutert, dass es gar nicht stimmen kann. Charles wurde nicht vor Mitternacht am Samstag gefunden, sodass die lokalen Zeitungen gar nicht über den Tod berichten können. Oder sind die lokalen Sonntagszeitungen in Dörfern wie Coombe Tracey so schnell?

Weiterhin erläutert Sidgwick noch eine weitere Kalkulation der Datumsangaben im Moor. Dabei geht es um den Oktober:

Sidgwick beklagt hier, dass es um den 15. Oktober keine Aufzeichnungen gibt, die aber für die folgenden Tage notwendig gewesen wären. Denn Watson schreibt am 16. Oktober, so Sidgwick: “to-day we mean to communicate to the Princetown people where they should look for their missing man. Also was passierte am 15. Oktober? Sidgwick würde dazu Watson selber gerne fragen:

„Is it true that you say (Chap. VIII, init.) ‚one page is missing‘ from your letters to Sherlock Holmes, which may account for the 15th of October; but is this an intentional subterfuge?“ (S. 21)

Sprich, ist Watson hier nur nachlässig oder ein Vorwand, dass der 15. Oktober fehlt?

Der größte Fehler laut Sidgwick

Doch der größte Fehler laut Sidgwick liegt woanders:

„Lastly, and worst of all, you cannot have been living with Sherlock Holmes in Baker Street at the date of the beginning of this story.“ (S. 21)

Watson kann laut seinen eigenen Aufzeichnungen nicht in der Baker Street gelebt haben.

Wie kann es denn sein, dass „du“ im September 1889 immer noch ein Junggeselle gewesen bist:

„How then in September, 1889, were you still a bachelor in Baker Street?“ (S. 21)

Ich habe dazu meine Baring-Gould Ausgabe aus dem Regal geschaut und versucht eine genaue Stelle über den Heiratszustand zu finden. Leider habe ich dazu nichts gefunden. Trotzdem vertraue ich Sidgwick in diesen Belangen.

Letzte Gedanken…

Für mich steht hier nicht der Inhalt des Kommentars im Vordergrund. Klar ist es interessant die verschiedenen Datumsangaben miteinander zu vergleichen und Fehler von Watson (also eigentlich Conan Doyle) herauszuarbeiten. Natürlich hatte Conan Doyle nicht akribisch alle Zahlen, die er jemals in seinen Abenteuern hat, aufgeschrieben und natürlich ergeben sich dadurch Indifferenzen und auch Fehler. Siehe dazu auch z.B. die Wunde von Watson: war es nun die Wunde am rechten oder linken Bein?

Für mich steht hier ganz klar der zeitliche Kontext im Vordergrund. Wie unglaublich ist es denn bitte, dass bereits 1902 ein erster Kommentar zu einem Sherlock-Holmes-Abenteuer erschien? Und dann zusätzlich noch, dass nicht alle Inhalte bzw. Teile erschienen sind. Für mich ist es ein toller Artikel, der den Anfang von Sherlockiana und den Beginn des The Great Game widerspiegelt.


Quellen:


Zu weiteren SherlockSundays geht es hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert