Natürlich weiß so nahezu jeder Sherlock-Holmes-Fan, wer mit „Original“ gemeint ist: Joseph Bell. Es ist doch aber faszinierend, dass bereits 1904 ein Artikel über den Ursprung von Sherlock Holmes geschrieben wurde. Und genau den Artikel von 1904 schauen wir uns heute an.

Ein kurzer Kontext

Der Artikel The Original of Sherlock Holmes wurde von Harold Emery Jones geschrieben. Veröffentlicht wurde der Artikel im Collier‘s Magazine am 9. Januar 1904. Harold Emery Jones war ein Mitstudent bzw. Kommilitone von Arthur Conan Doyle. Gemeinsam besuchten sie die Vorlesungen von Joseph Bell in Edinburgh.

Zeitlich betrachtet ist Sherlock Holmes durch die Kurzgeschichte The Final Problem bereits gestorben (1893). Der Roman The Hound of the Baskerville ist 1902 bereits erschienen und die Sammlung The Return of Sherlock Holmes ist veröffentlicht. Somit sind die damaligen Fans wieder beruhigt, da Sherlock Holmes von den Toten auferstanden ist.

Das Original aus dem Collier’s von 1904

Zum Inhalt

Grundsätzlich kann man natürlich sagen, dass The Original of Sherlock Holmes keine neuen Informationen enthält. Doch gerade einige Passagen und Zitate sollten hier auf jeden Fall genannt werden, da die Perspektiven und Sichtweisen ganz hilfreich sein können.

Als sich also Conan Doyle entschied, dass Sherlock Holmes wieder von den Toten auferstehen sollte, waren viele Anhänger doch zunächst skeptisch: Wie hat Sherlock Holmes überlebt? Es sollte nicht absurd sein! Doch nach der Veröffentlichung von The Empty House waren viele zufrieden: How simple! How plausible! How clever!

„Conan Doyle is essentially an Edinburgh product.“

Ein großartiger Satz! Natürlich ist Doyle dort aufgewachsen und hat dort auch in der Medical School von Edinburgh studiert. Somit ist auch Sherlock Holmes ein Produkt von Edinburgh, da Joseph Bell einen großen Anteil daran hatte. Natürlich Joseph Bell war always alert, always up and doing, nothing ever escaped that keen eye of his. An diesen Charakterzügen erkennt man bereits Sherlock Holmes. Conan Doyle sagte über Joseph Bell folgendes:

“He would sit in the patients’ waiting-room, with a face like a Red Indian, and diagnose the people as they came in, before even they opened their mouths. He would tell them their symptoms, and would even give them details of their past life, and he would hardly ever make a mistake.”

Ein Patient brauchte nichts zu sagen. Bell konnte bereits vorher schon eine Diagnose stellen und teilweise auch Details aus dem Leben des Patienten erzählen. Seine Empfehlung an seine Studenten: Ihr braucht die Patienten nicht anfassen. Benutzt eure Augen! Benutzt eure Ohren, benutzt eurer Gehirn, eure Wahrnehmung und eure Macht der Deduktion.

Doch auch laut dem Artikel von Harold Emery Jones war Joseph Bell auch eine Person mit trockenem Humor und Satire und er war genauso bedacht auf seine Berühmtheit, wie Sherlock Holmes in manchen Kurzgeschichten.

„According to Doyle, Bell’s faculty of deduction was at times highly dramatic. (…) Bell was as full of dry humor and satire, and he was as jealous of his reputation, as the detective Sherlock Holmes ever thought of being.“

Experimente mit seinen Studenten

Großartige Beispiele aus dem Artikel sind seine Experimente mit seinen Studenten. Ich werde hier exemplarisch nur auf ein Experiment eingehen. Die restlichen Experimente könnt ihr gerne in dem Original nachlesen (siehe Quelle am Ende).

Joseph Bell fängt mit einer banalen Aussage an:

“Now I want to see how many of you gentlemen have educated your powers of perception. Of course, we might easily analyze this chemically, and find out what it is. But I want you to test it by smell and taste; and, as I don’t ask anything of my students which I wouldn’t be willing to do myself, I will taste it before passing it round.”

Schauen wir also mal, wie viele von euch die Macht der Wahrnehmung besitzen. Bell steckte einen Finger in eine Flüssigkeit und gab die Flüssigkeit weiter. Die Studenten sollte dann ihren Finger in die Flüssigkeit stecken. Als das Gefäß einmal herumgereicht wurde, ging es wieder zu Bell. Doch Bell war enttäuscht:

“Gentlemen,” said he, with a laugh, “I am deeply grieved to find that not one of you has developed this power of perception, which I so often speak about ; for if you had watched me closely, you would have found that, while I placed my forefinger in the medicine, it was the middle finger which found its way into my mouth.”

Mit dem Zeigefinger in die Flüssigkeit, aber mit dem Mittelfinger in den Mund. Es ging hier also gar nicht um die Flüssigkeit selbst, sondern um die Wahrnehmung und Benutzung der Finger! Genau solche Aktionen prägte Conan Doyle.

Ein weiteres Vorbild: Sir Henry Little-John

Sir Henry Duncan Littlejohn

Little-John war ein Chirurg und medizinischer Officer bei der Polizei von Edinburgh. Er war aber auch ein Dozent der forensischen Medizin an der Royal College of Surgeons.

Spannend ist aus dem Artikel eine Aussage, die die Ursprünge von Sherlock Holmes grandios zusammenfasst:

„While Bell was lecturing deduction and perception into Doyle’s receptive and imaginative brain, Sir Henry Little-John was giving Doyle material for his detective stories.“

Während Bell also die theoretische Seite von Conan Doyle ist, gab Little-John Sir Arthur Conan Doyle das dazugehörige Material für seine Detektivgeschichten. Auch in The Original of Sherlock Holmes folgen dann weitere Beispiele von Sir Henry Little-John und seiner Tätigkeit als Polizist.

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass The Original of Sherlock Holmes nun zwar keine neue Erkenntnisse liefert, aber trotz des Jahres 1904 bereits hier die Ursprünge des Detektivs Sherlock Holmes erkennen lässt. Zwar hat der Artikel eine gewisse Länge, bietet aber zahlreiche Beispiele von Bell‘s Experimenten. Natürlich kann dieser SherlockSunday nicht alles im Detail behandeln. Daher schaut euch auf jeden Fall den Artikel im englischen Original einmal an. Es lohnt sich!

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