Das Cover von Sherlock Holmes and the Scarlet Thread of Murder ist schon einmal sehr vielversprechend. Und klassisch! Auf der Rückseite sieht man bereits, dass drei Kurzgeschichten in dieser Sammlung von Luke Benjamen Kuhns enthalten sind. Doch wie ist die Qualität der Pastiches? Lasst es uns herausfinden!

> Über den Autor

Luke Benjamen Kuhns wurde in Indiana, USA geboren und, wie er selber sagt, in einer typischen amerikanischen Kleinstadt. Im Jahr 2008 verließ Kuhns Indiana und ließ sich in England nieder, um an der Universität von Manchester Theologie zu studieren. Ein großer Schritt das Leben in den USA zurückzulassen und nach England zu ziehen. Zurzeit lebt Kuhns in London, um viele weitere Sherlock-Holmes-Abenteuer zu schreiben! Wo denn sonst?

Laut Kuhns sind seine größten Einflüsse C.S. Lewis, J.R.R. Tolkien, Robert Lewis Stevenson, Sir Arthur Conan Doyle, J.M Barrie, Douglas Adams, H.G. Wells, Neil Gaimen and Stan Lee.

> Weitere Werke des Autors

Luke Benjamen Kuhns hat bereits eine beträchtliche Menge an Sherlock-Holmes-Abenteuer und Bücher geschrieben. Darunter ist auch eine Kooperation mit einem Illustrator für Sherlock-Holmes Graphic Novels. Hier die Liste von Sherlock Holmes Büchern von Kuhns:

> Inhaltliche Zusammenfassung (Spoilerfrei)

The Scarlet Thread of Murder beinhaltet 3 Kurzgeschichten mit Sherlock Holmes. Ich möchte euch daher für jede Kurzgeschichte eine kurze Inhaltsangabe präsentieren. Wichtig sind die Seitenzahlen der einzelnen Geschichten, damit ihr den Umfang abschätzen könnt:

1 | The Scarlet Thread of Murder

The Adventure of the Stockbroker’s Clerk

Ein Stalker kriecht durch die Straßen von London und wird durch die Zeitungen als The Goblin Man bekannt. David Daniels kontatkiert Sherlock Holmes, da er vermutet, dass er das Ziel des Goblin Man ist. Der Goblin Man fokussiert sich auf reiche Menschen wie David Daniels, der im späteren Verlauf stirbt. Ebenso sein Freund Goodtree.

Währenddessen geht aber auch eine Bombe in Whitechapel hoch. Detective Insprector Reid (DI Reid) ist zuständig für den Bezirk. Ein Mr. White sagt aus, dass er die Explosion bereits erkannt hat und von jüdischen Anarchisten verwendet wird.

Ebenfalls gleichzeitig bekommt Martin Hewitt, ebenfalls Privatdetektiv in London, eine Klientin. Mrs. Clara Edwards sucht nach ihrem Liebhaber namens Phillias Jackson. Denn Mrs. Edwards ist schwanger.

Alles drei Stränge (threads) kommen im Laufe des Abenteuers zusammen. Davenport House, die Residenz von Philias Jackson wird aufgesucht, der mysteriöse Club The Liberal Club spielt eine zentrale Rolle und die jüdischen Anarchisten bereiten eine weitere Bombe vor. Ach und dann ist da noch der Goblin Man.

2 | A Scandal in America

Welchen Hilferuf sendet Irene Adler aus Amerika?

Sherlock Holmes erhält einen Brief von Irene Adler aus Amerika. Ihr Ehemann Godfrey Norton hat Selbstmord begangen und Adler glaubt nicht an die Selbsttötung. Holmes & Watson reisen nach New York und untersuchen das Büro von Norton. Zusammen mit Irene Adler reisen sie quer durch die USA von Manhattan nach Indiana und nach Nevada. Schnell wird klar die aktuellen Aktivitäten eines Kokainrings haben etwas mit Nortons Tod zu tun. Es kommt zu vielen Pistolenduellen, Verfolgungsjagden mit Pferden und die Frau ist immer an der Seite von Holmes.

3 | The Allegro Mystery

Jemand schickt der Prima Donna Tänzerin Mademoiselle Dipin drohende Briefe. Vor drei Jahren hatte Dipin einen Stalker, einen gewissen Jean Javet, der jedoch in Frankreich ins Gefängnis wanderte. Doch nun scheint Javet erneut frei und ein neuer Brief wurde abgeschickt. Dipin kontaktiert Sherlock Holmes. Im weiteren Verlauf lernt man noch die Mutter von Dipin kennen und dieser kleine Fall löst sich schnell auf.

> Hauptfiguren

Aufgrund der drei Kurzgeschichten gehe ich verstärkt auf die Hauptgeschichte The Scarlet Thread of Murder ein, da hier sowohl die meisten Figuren eingebunden sind als auch der die größte Entwicklung möglich ist.

Zunächst war ich sehr irritiert über die drei Stränge und die damit verbundenen Personen:

Diese drei Perspektiven wechseln am Anfang in jedem Kapitel. Nicht nur musste man sich immer zurückerinnern, was jetzt genau der Fall mit der bestimmten Person war, sondern sich auch erst an die Personen gewöhnen. Dabei ist das Duo Holmes/Watson und Hewitt/Brett kaum zu unterscheiden. Beide sind Detektive und so werden sie auch dargestellt. Edmund Reid nimmt eine ähnliche Rolle wie Inspektor Lestrade ein, der aber auch im späteren Verlauf seinen Auftritt hat.

Gerade am Anfang viel mir dieser Wechsel schwer, doch ich habe immer auf die Verknüpfung der einzelnen Stränge gewartet und wurde nicht enttäuscht! Als sich die drei Stränge und damit die Personen treffen, gewann nicht nur der Plot an Fahrt, sondern auch die Interaktion der einzelnen Figuren war differenzierter. So mussten natürlich Watson und Brett zusammen eine Richtung verfolgen und natürlich Holmes und Hewitt. Ohne hier viel zu verraten, aber im Laufe der Geschichte gibt es leider auch Todesfälle, die überzeugend und ein gewisses Gefühl von “Verlust” auslösten. Ein Zeichen dafür, dass sowohl die Interaktion als auch die Figuren überzeugend waren. Obwohl man ansprechen muss, dass zwischen Hewitt und Holmes wenig Unterschiede gab bzw. Hewitt komplex dargestellt wurde. Von Holmes wissen wir die Hintergründe aus dem Kanon.

Bezüglich der anderen Kurzgeschichten kann noch angemerkt werden, dass Irene Adler in A Scandal in America ebenfalls überzeugend war und mich an die Irene Adler in A Scandal in Bohemia erinnern ließ. Die restlichen Personen (ohne zu viel zu verraten) waren doch einfältiger: der typische Handlanger, der typische amerikanische Cowboy mit seinen Pferden und Pistolen. Aber auch hier die Interaktion zwischen Adler und Holmes war durch Referenzen zur Kurzgeschichte SCAN gelungen.

Die Figuren in The Allegro Mystery waren leider aufgrund der Länge einfältiger. Es gibt die Ballerina, die für ihre Kunst lebt, eine Mutter, die der Kunst nichts abgewinnen kann und einem Stalker.

> Schreibstil nach Conan Doyle

Mir hat der Schreibstil von Luke Benjamen Kuhns ausgesprochen gut gefallen. Sowohl die Stimmen von Watson als auch Sherlock Holmes hat man sofort erkannt, viele Referenzen zu dem Kanon wurden gezogen und der nüchterne Stil von Conan Doyle war schnell erkennbar. Sehr ausgewogener englischer Schreibstil, der nicht zu schwer und nicht zu einfach ist.

Ich habe sofort Sherlock Holmes und Conan Doyle erkannt!

Um euch ein wenig den Schreibstil zu verdeutlichen gibt es wie immer ein paar Referenzen und Zitate.

Im späteren Verlauf der Geschichte The Scarlet Thread of Murder kommt Hewitt zur Baker Street um Sherlock Holmes über die neuesten Entwicklungen zu berichten. Als er ins zweite Stockwerk geht, berichtet er Folgendes:

“After racing here from Victoria those seventeen steps were something of a final trek up the mountains peak.” (S. 124)

Ein kleines Beispiel wie Kuhns sowohl mit seinem neuen Detektiv Hewitt und dem Kanon von Conan Doyle spielt. Von dieser Art gibt es noch viele weitere Beispiele: Another game is afoot! (S. 89) / “The bohemian detective of Baker Street?” (S. 73) / cherrywood pipe, Persian slipper, mouse-coloured dressing gown (S. 123)

Oder auch der Fall von A Scandal in America selbst:

“There is a larger game afoot, a devious web in which he tangled himself.” (S. 186)

Definitiv ein klassischer Spruch à la Conan Doyle!

In einer Szene in A Scandal in America war ein besonders guter Vergleich von Watson und Holmes durch Mrs. Hudson:

“You two are like silly school boys exploring in the woods.” (S. 154)

Ein sehr gelungener Vergleich, wenn man die anderen Abenteuer von Sherlock Holmes kennt. Der Wald als Symbol des unbekannten Falls und zwei Jungs, die den Fall aufdecken sollen!

An vielen Stellen wird auch Sherlock Holmes und die Beziehung von Frauen thematisiert und überzeugend dargestellt:

“Watson, all matters of love I leave in your hands.” / “For love is a game, maybe the most dangerous of them all. (S. 235)

Irene Adler fragt sich erneut, was in Holmes’ Kopf manchmal schwirrt und wie das Gehirn arbeitet:

“Will we ever know what really goes on inside that beautiful mind of his?” (S. 216)

Also wenn Adler es schon als “schön” bezeichnet, dann sind doch Gefühle im Spiel!

Ich möchte den einzelnen Abenteuer zunächst einmal ein einzelnes, kurzes Fazit geben:

Definitiv eine grandiose Kurzgeschichte, die sowohl klassische Elemente einer Kurzgeschichte nach Doyle beinhaltet: eine mysteriöse Gestalt (Goblin Man), ein mysteriöser Club (The Liberal Club) und eine mysteriöse Clubbesitzern (Osgen). Dazu kommen die wirklich überwiegend überzeugenden Figuren von Hewitt und Reid. Auch wenn Unterschiede und die Tiefe der Figuren differenzierter hätten sein können. Der Anfang mit den drei Strängen war komplex und viel, wurde aber im Laufe der Geschichte sehr belohnt! Die Balance zwischen Deduktionen, Spannung und Action war gut ausgewogen und nicht übertrieben. Sehr empfehlenswert.

Auch wenn Holmes bei der Heirat dabei war: Die Reise nach Amerika war nicht so überzeugend.

Ich tat mich mit der Kurgeschichte grundsätzlich schwer. Wirklich tolles Szenario: Adler & Norton in Amerika, Norton angeblich Selbstmord begangen, Holmes & Watson reisen in die USA. Wirklich tolles Setting aber die anschließende Umsetzung war mir zu “amerikanisch”: Revolverduell, Cowboys, Pferdeverfolgungen, ein einfältiger Handlanger namens “Dog”. Zwar gibt es viel Action, doch die Action war für mich persönlich nicht typisch nach Conan Doyle und daher leider nicht sehr spannend. Die Referenzen zu A Scandal in Bohemia konnten aber überzeugen.

Trotz der kurzen Geschichte kam hier wieder ein wenig mehr “Holmes-Feeling” auf, da der Fall erneut klassische Züge aufweist: Ballerina, die von einem Verehrer bedroht wird, eine Mutter, die nicht mehr möchte, dass die Tochter Ballerina wird und eben der mysteriöse Verehrer. Auch die zweite Ballerina (die Nr. 2 nach Dipin) war eine weitere Figur in der Geschichte. Insgesamt solide Geschichte mit klassischen Elementen.

Insgesamt betrachtet lohnt sich The Scarlet Thread of Murder allein schon wegen der Hauptgeschichte The Scarlet Thread of Murder!

The Scarlet Thread of Murder ist eine klassische Sammlung von Pastiches, die dem gehobenen Niveau von Pastiches zugeordnet werden kann. Eine präzise Sprache, in der man sowohl Conan Doyle als auch Sherlock Holmes wiederfindet und auch typische Elemente eines Holmes-Abenteuers: Klienten, mysteriöser Goblin Man, Briefkorrespondenzen usw.

Für mich persönlich gibt The Scarlet Thread of Murder den Anreiz weitere Pastiches von Luke Benjamen Kuhns zu lesen.

> Kurzversion

+ The Scarlet Thread of Murder als Hauptgeschichte überzeugt auf ganzer Linie

+ klarer Bezug zum Kanon mit vielen Referenzen und Abwandlungen bekannter Sprüche

+ Figurenentwicklung und Ausarbeitung in der Hauptgeschichte gut gelungen (mit Startschwierigkeiten…)

zu “amerikanische” Geschichte A Scandal in America

teilweise sehr einfältige Figuren in den anderen Geschichten

> Bewertung

   

(4 von 5)

Das Buch Sherlock Holmes and the Scarlet Thread of Murder wurde mir freundlicherweise durch MX Publishing bereitgestellt. Die Rezension spiegelt jedoch meine freie Meinung über das Buch wider. Für weitere Infos über das Sherlock Holmes and the Plague of Dracula könnt’ ihr euch hier informieren:

Cover dient nur zur Ansicht und wurde nicht verändert.

Weitere Reviews findest du hier.

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