Ein verängstigter Golfer mit einer Tweed Jackett kommt in die Baker Street. Was für ein Anliegen hat der passionierte Golfer? Warum ist er so verängstigt? Eine Rezension zu Sherlock Holmes and the Frightened Golfer.

> Über den Autor

James Michael Gregson (1934-) ist ein klassischer Krimiautor im britischen Bereich und hat mit seinen zwei Krimi-Serien zahlreiche Bücher geschrieben. Zu Nennen sind hier die Serie Lambert und Hook (29 Bücher) und Inspector Peach (19 Bücher). Gregson unterrichtete 27 Jahre in Schulen, Colleges und Universitäten, bevor er Vollzeit-Schriftsteller geworden ist. Seine Bücher befassen sich häufig mit dem Thema Golf oder mit dem Klassiker William Shakespeare.

Eine kleine Überraschung bei der Lieferung: Eine Widmung von J. M. Gregson!

Laut meinen Recherchen ist Sherlock Holmes and the Frightened Golfer sein einziges Werk mit Sherlock Holmes und Dr. Watson.

> Inhaltliche Zusammenfassung (Spoilerfrei)

London, February 1896. A bright crisp day is the first hint of the spring to come, a welcome intrusion into the winter gloom of the great industrial city. But as Watson welcomes the sun and tries to cheer up a restless Holmes, there is an urgent knock at the door of 221B Baker Street. A moment later, a large man bursts into the living quarters of the famous detective. Alfred Bullimore is a very skilled but also an extremely frightened golfer and he brings with him one of the strangest cases ever to be recorded in Dr Watson’s assiduous notes. (siehe Rückseite)

Es ist ein klassischer Beginn eines Sherlock Holmes Abenteuers. Sherlock Holmes und Dr. Watson sitzen in der Baker Street, während ein verängstigter Klient hineingestürmt kommt. Er ist total verängstigt und wendet sich lieber an Sherlock Holmes als die örtliche Polizei.

Holmes deduziert natürlich sofort die Person: Golfer, trägt Harris Tweed und der Vorsitzender des Blackheath Golf Club. Alfred Bullimore, der Protagonist in diesem Pastiche, erhält komische Drohbriefe und bittet Holmes um Hilfe. Außerdem gibt es zahlreiche Verwüstungen im Golfclub. Es scheint, dass Alfred Bullimore gehindert werden soll, an kommenden Golfturnieren teilzunehmen. Denn Bullimore ist ein begnadeter Golfer! Holmes nimmt sich natürlich dem Fall an.

In den nächsten Abschnitten des Buches besucht Holmes den Club und spricht mit den Angestellten des Clubs. Als die Turniere näher rücken, kommt es zu weiteren Vorfällen und es gibt die ersten Toten.

> Hauptfiguren

Alfred Bullimore ist der Protagonist von Sherlock Holmes and the Frightened Golfer. Der begnadete Golfer hat eine große Statur und trägt immer Harris Tweed beim Golfen. Er ist ein fanatischer Golfer, der dadurch auch viel Neid anzieht. Jedoch ist zeigt er auch gerne, dass er einfach sehr gut im Golfen ist. Andere Mitglieder beschreiben ihm als arrogant und Frauen nicht gut behandelt.

Natürlich wird Sherlock Holmes and the Frightened Golfer aus Sicht von Dr. Watson geschrieben. Sherlock Holmes ist leider eher im Hintergrund.

Neben diesen Hauptfiguren gibt es noch Nebenfiguren, die leider nur durch ihre Tätigkeit beim Golfclub charakterisiert sind:

Leider sind alle Nebenfiguren einseitig und auswechselbar. Lediglich bei Mrs. Ross gibt es ein wenig mehr Tiefe. Mrs. Ross spricht nämlich Alfred Bullimore mit Alfred an. Lediglich am Ende erscheint die Polizei mit einem Inspektor Forrest. Weitere Figuren sind mehrere Golfer, die aber nicht weiter in Erscheinung treten.

Holmes auf der Suche einem Golfball (Boscombe Valley Mystery)

> Schreibstil nach Conan Doyle

Grundsätzlich ist der Schreibstil sehr einfach und für Anfänger der englischen Sprache geeignet. Das Vokabular kann als wenig facettenreich bezeichnet werden. Jedoch ist der Stil sehr angenehm zu lesen und kann gut nebenbei bei einer Tasse Tee gelesen werden. Einfach eine klassischer, britischer Krimi (nicht negativ gemeint).

In Punkto: Britischer Krimi. Da ich schon viele Agatha Christie Romane mit Hercule Poirot gelesen habe, ist mir häufig eine Ähnlichkeit aufgefallen. Manchmal kam es mir wirklich vor, dass Sherlock Holmes and the Frightened Golfer auch Hercule Poirot and the Frightened Golfer hätte heißen können. Natürlich gibt es die üblichen Facetten einer Holmes-Geschichte, jedoch gab es auch Kapitel, die sehr stark an Christie’s Struktur erinnerten. Schaut man sich z.B. das Kapitel 5 an, so werden sämtliche Zeugen/Personen in dem Golfclub befragt. Wie in einer Checkliste, der Position der Figur und seinen

Eigenarten. Natürlich gibt es dies auch an vielen Stellen bei Sherlock Holmes, jedoch nicht so strukturell aufgebaut. Der Leser bekommt bei diesen Gesprächen nützliche Hinweise zur Enthüllung des Falls. Häufig bekommt man dies bei einem klassischen Sherlock-Holmes-Abenteuer nicht, denn Watson bleibt als Erzähler häufig im Dunkeln. Watson generell nimmt eine aktive Rolle als Ermittler ein.

Schwierig einzuschätzen: Doyle ja, aber auch viel Agatha Christie

Nichtsdestotrotz gibt es viele klassische Elemente eines Sherlock-Holmes-Abenteuers. Viele Referenzen zum Kanon baut der Autor Gregson dabei geschickt ein. Beispielsweise als Mrs. Ross vernommen werden soll, bittet Sherlock Holmes Watson das zu übernehmen:

“I was not used to questioning people involved in our cases. I had done it of course, as when Holmes sent me down alone to the home of the Baskervilles on Dartmoor, but when Holmes was with me I was normally thrust into a secondary role, which suited me well enough.” (S. 85)

Eine wahre Aussage von Watson! Eigentlich spielt Watson häufig die zweite Geige (dieser Vergleich…) und bleibt im Dunkeln. Jedoch wird Watson auch sehr für seine Aufzeichnungen (also den früheren Abenteuern) und seine Recherchen in diesem Abenteuer gelobt. So lobt z.B. Alfred Bullimore Watson als Sherlock Holmes seine üblichen Deduktionen durchführt:

“Dr. Watson has in no way exaggerated your powers.” (S. 12)

Keine Übertreibung der Fähigkeiten von Sherlock Holmes durch Watson! Das sieht Holmes aber meistens anders! Oder eben am Ende, als der Fall zu Ende geht:

”I believe you found whatever was to be found there” (S. 146)

Und das sagt Sherlock Holmes zu seinem Freund Watson! Normalerweise gibt es von Holmes noch tiefgreifende Deduktionen, da Watson nicht alles analysiert hat.

Merkmale nach der Grande Dame Agatha Christie

Weitere Referenzen, die an dieser Stelle nur genannt werden, aber zur Atmosphäre beitragen:

”There was madness in this business somewhere: even Sherlock Holmes had agreed with that view.” (S. 121)

Das beschreibt den Plot der Geschichte eigentlich gut. Denn der Inhalt ist grundsätzlich spannend mit einem schnellen Tempo. Insbesondere die Besuche im Goldclub und die “Ereignisse” während der Besuche und den Golfturnieren sind spannend. Somit würde ich sagen, dass die Länge des Pastiches (rund 170 Seiten) genau richtig ist. Auch die Themen Golf, Briefe und der Grundgedanke der Golfturniere ist durchaus gelungen und passend für ein Holmes-Abenteuer.

Die klassischen Sherlock-Holmes-Referenzen sind ebenfalls glaubwürdig eingebunden. Immer ein gutes Zeichen für einen Autor, der klassische Elemente einer Holmes-Story einbaut, ohne dabei zu übertreiben. Es gibt keine übertriebenen oder unglaubwürdigen Deduktionen von Holmes, sondern logische und passend eingesetzte Analysen. Doch viele Deduktionen werden von Watson gemacht, da er z.B. als Golfer im Club eingesetzt wird (vieles erinnert tatsächlich an HOUN).

Mir gefallen klassische Romane nach Agatha Christie und deswegen strukturell auch Sherlock Holmes and the Frightened Golfer. Vieles erinnert mich an die Romane der Grande Dame of Crime: die Struktur, die Verhörungen, die simplen Funktionen der Figuren. Kapitel 5 könnte man sofort als Poirot Kapitel bezeichnen! Auch wenn mir die Romane von Christie sehr gefallen, kommt mir der typische Holmes Charakter des Kanons zu wenig rüber. Bei Doyle gibt es auch actionreiche Szenen (z.B. Verfolgungen), vermeintlich “übernatürliche” Elemente, die von Holmes aufgeklärt werden oder auch verrückte Figuren, an die man sich erinnern wird. Leider sind diese Elemente in Sherlock Holmes and the Frightened Golfer weniger vorhanden. Die Figuren aus dem Pastiche sind leider sehr schnell vergessen. Lediglich vielleicht Alfred Bullimore mit seiner Tweed Jacke könnte hängen bleiben.

Was mir leider aber auch länger hängen bleiben wird, ist die Offensichtlichkeit des Plots. Mir war relativ früh bereits die Lösung dieses Falls bekannt bzw. es gab eigentlich nur einige wenige Möglichkeiten. Eine Abenteuer nach Doyle hätte mich hier am Ende noch überrascht. Hier war das Ende leider keine Überraschung.

Was bleibt also für Sherlock Holmes and the Frightened Golfer festzuhalten? Der Pastiche macht wirklich Spaß und kann wirklich gut nebenbei gelesen werden. Die Grundthemen Golf und ein verängstigter Golfer sind gut und auch die Referenzen retten die Atmosphäre eines Holmes-Abenteuer.

Die Figuren sind einfältig und der Plot schnell ersichtlich. Nichtsdestotrotz bietet der Pastiche einen guten Einstieg in die englische Sprache. Wer jedoch auch noch Agatha Christie mag und über die obigen Punkte hinweg sieht, der wird in Sherlock Holmes and the Frightened Golfer einen spannenden, klassischen Krimi finden. Mit Sherlock Holmes und Dr. Watson. Und der Struktur von Agatha Christie.

> Kurzversion

+ Grundthemen und Tempo des Pastiche (Länge passend)

+ passende Referenzen vom Kanon tragen zur Atmosphäre bei

einfältige Figuren

vorhersehbarer Plot

o Stil von Agatha Christie mit vielen Befragungen und typischen Elementen eines Hercule Poirot Abenteuers.

> Bewertung

(3 von 5)

Weitere Reviews findest du hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert