Ich war persönlich schon häufig in dem Shakespeare Globe Theatre in London und habe mir einige Stücke angesehen. Doch das Globe Theatre befindet sich in dem Pastiche im Wiederaufbau und die Eröffnung soll um alles in der Welt verhindert werden. Was hat es mit den Morden auf sich? Warum liegen Briefe mit Shakespeare-Zitaten neben den Opfern? Was hat die Rose zu bedeuten?

> Über den Autor

Barry Day ist kein unbeschriebenes Blatt, wenn es um Sherlock-Holmes-Abenteuer geht. Geboren in England und mit einem MA der Balliol College in Oxford, hat Day bereits zahlreiche Pastiches verfasst und ist sich seinem Grundthema von Shakespeare in zahlreichen Werken treu geblieben. Außerdem wurde Day mit dem Orden des Britischen Empires für seinen Verdienst die britische Kultur in den USA zu fördern ausgezeichnet. Zurzeit lebt Day sowohl in New York, London und Palm Beach.

> Weitere Werke des Autors

Wie bereis erwähnt ist Day ein Verfasser mehrerer Sherlock-Holmes-Pastiches, die hier beispielhaft aufgelistet werden:

Weiterhin ist Barry Day mit einigen Kurzgeschichten in anderen Pastiche-Sammlungen vertreten. Leider habe ich als Pastiche nur Sherlock Holmes and the Shakespeare Globe Murders. Jedoch besitze ich von Day noch das Sachbuch: Sherlock Holmes: In His Own Words and in the Word of Those Who Knew Him.

> Inhaltliche Zusammenfassung

„London 1899 and a matter of grave national importance. American impresario, Florenz Adler, has rebuilt Shakespeare’s Globe playhouse. The grand opening is to take place in the presence of Her Majesty Queen Victoria. Amidst the excitement, the actors receive sinister warnings in the form of cryptic quotations from Shakespeare’s plays and a drawing of a rose. A hoax? A literary joke? But not for long – the joke turns sour as the murders begin, each an exact copy of a death in a Shakespeare play. Even the Queen receives a warning, and so Sherlock Holmes is called in to fathom out the plot – assisted, of course, by Dr. Watson.“

Die grundsätzliche Situation des Pastiches kann folgendermaßen beschrieben werden: Das Shakespeare Globe wird wieder aufgebaut, es werden Briefe mit Shakespeare Zitaten und einer gezeichneten Rose and die Schauspieler geschickt und es geschehen plötzlich Morde.

Interessanterweise verbindet Day jeden Brief mit dem Zitat aus einem Stück von Shakespeare und dem Tod von Figuren aus dem Stück. Eine grundsätzlich clevere Idee, die doch zunächst für Verwirrung (gerade am Anfang) führt. Man kann sich an dieser Stelle die folgenden Fragen stellen: Warum soll die Eröffnung des Shakespeare Globes verhindert werden? Was hat es mit der gezeichneten Rose auf sich? Inwiefern spielt der amerikanische Hintergrund der Familie Adler eine Rolle für den Pastiche?

Was hat es mit der Neueröffnung des Globe Theatres auf sich?

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Richtig, Shakespeare Globe Murders hat, ähnlich wie The Valley of Fear, einen amerikanischen Bezug. In der ersten Hälfte des Pastiches finden wir einen sentimentalen und gelangweilten Sherlock Holmes vor. Er hat zwar seine 7%ige-Lösung lange aufgegeben, aber die Rettung naht: eine amerikanische Klientin erscheint plötzlich – Flora Adler.

Sie erhält maschinengeschriebene Notizen und eine gezeichnete Rose. Jede Notiz enthält ein Shakespeare Zitat. Für Holmes natürlich ein spektakulärer Fall! Wenn denn aber Mycroft Holmes zu dem Fall erscheint, dann weiß jeder Holmes-Fan, dass es sich um die nationale Sicherheit handelt. Grundsätzlich legt das erste Drittel des Buches die Grundlagen über den Fall der mysteriösen Notizen und dem Wiederaufbau des Shakespeare Globes durch Florenz Adler.

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Das zweite Drittel leitet alle notwendigen Figuren der Shakespeare Globe Murders ein. Hamilton Fiske, Grand Dame Ivy Forsdyke, Pauline French, Harrison Trent, Ted Allan, Simon Phipps… und viele mehr. Alle genannten sind Schauspieler für das Globe Theatre. Leider werden alle Figuren hintereinanderweg vorgestellt, jede Figur kann sich im Globe kurz vorstellen und seine „Eigenarten“ präsentieren.

Des Weiteren zeigt das zweite Drittel auch die amerikanischen Beziehungen, die Familienbeziehungen- und hintergründe auf und gibt Gründe, warum die Familie Adler nach England ausgewandert ist. Zwischen den Beschreibungen kommt es zu einem Mord. Und noch einem Mord. Und… genau: noch einem Mord. Außerordentlich gut hat mir die Reise von Holmes & Watson zu einem Professor gefallen, der die Geschichte des Globe Theatres erläutert und Hinweise für den Fall liefert.

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Der letzte Abschnitt führt dann eine weitere bekannte Figur ein: Sigmund Freud. Ganz klar ist hier der Bezug zu dem Roman The Seven-Percent-Solution von Nicholas Meyer zu erkennen. Ein Review könnt ihr auch auf meinem Blog finden: #20 Review: The Seven-Percent Solution (Nicholas Meyer). Im weiteren Verlauf folgen weitere Briefe (ein längerer Brief, der viel enthüllt), weitere Morde und das Grande Finale!

Ich möchte an dieser Stelle nicht das Ende spoilern, will euch aber soviel verraten, dass es das Highlight von Sherlock Holmes and the Shakespeare Globe Murders ist. Für Neugierige werde ich den Spoiler unter den Quellen kurz beschreiben… Das Grande Finale spielt, wie es der Name bereits vermuten lässt, im Globe Theatre und natürlich mit einer Inszenierung. Nun aber genug zum Inhalt.

> Hauptfiguren/Figuren aus dem Pastiche

Grundsätzlich kann von einer ganzen Palette an vorkommenden Figuren gesprochen werden. Eine lange Liste mit Schauspielern eines Shakespeare-Stücks mit der Familie Adler (Vater Florenz, der Erbauer des Globe und Tochter Flora) im Zentrum.

Aber natürlich dürfen die üblichen Verdächtigen nicht fehlen: Lestrade, Mrs. Hudson aber auch Sigmund Freud und die Queen.

Während der zweite Abschnitt grundsätzlich die Familiengeschichte der Adlers erläutert, bleiben die Schauspieler rund um das Globe absolut blass. Auch bereits die Einführung der Figuren findet langweilig statt: Sherlock Holmes und Dr. Watson kommen ins Globe und nacheinander erscheinen alle Schauspieler mit zugewiesenen Eigenarten (z.B. Harrison Trent ist der Amerikaner oder Ted Allan ist das matinée idol).

Leider finden keine wirklichen Konflikte zwischen den Figuren statt, eine Figurenentwicklung kann höchstens durch den Hintergrund einiger Figuren gesehen werden und für mich persönlich hat mich keiner der Figuren wirklich angesprochen bzw. die Figuren waren einfach nur Namen. Bei jedem weiteren Mord habe ich nur gedacht: ach, jetzt ist xy gestorben… mehr leider nicht.

> Schreibstil und Struktur

Der Schreibstil ist im Großen und Ganzen ein sehr einfaches Englisch. Auch wenn die „Stimme“ von Sherlock Holmes an einigen Stellen klar erkennbar ist, war für mich persönlich der Schreibstil nicht „Doylean“ genug. Mich hat der Schreibstil nicht wirklich an Doyle erinnert.

Natürlich sind in dem Kanon einige Deduktionen von Sherlock Holmes enthalten. Doch in Sherlock Holmes and the Shakespeare Globe Murders wurden bei jeder Reise und einer Begegnung mit einer weiteren Person Deduktionen von Sherlock Holmes durchgeführt. Mir kamen sie leider etwas deplatziert, zufällig und ohne Sinn vor.

Ich gebe euch an dieser Stelle noch drei Zitate mit auf den Weg, um den Schreibstil zu verdeutlichen:

„You know what these actors are like. They never know when they’re acting or when it’s real.“ (S. 17)

Relativ am Anfang beschreibt Sherlock Holmes seine Meinung zu Schauspielern und aus meiner Sicht ein sehr Holmesianischer Satz!

„The American connection is too strong to be coincidental.“ (S. 44)

Das Zitat von Sherlock verdeutlicht noch mal den amerikanischen Bezug in dem Pastiche.

“I have learned over the years, Watson, that our front bell speaks a language all its own.“ (S. 87)

Ein grandioser Satz, der mir einen neuen Blickwinkel auf 221B gegeben hat! Ich kann mir schon vorstellen, dass Sherlock Holmes anhand des Anschlags der Klingel bestimmte Klienten erkennen kann.

Doch leider, wie bereits erläutert, kommt ein Mord nach dem anderen. Dadurch, dass ich mich nicht mit den Personen identifiziert konnte, haben mich die Anzahl der Morde nicht weiter „berührt“. Auch die häufigen Besuche zum Globe Theatre ohne weitere „Ausflüge“ waren ein wenig eintönig.

Wie überzeugend ist die Verbindung mit “Willy” Shakespeare?

Zunächst hat mir die Grundidee mit Shakespeare, dem Shakespeare Globe und den zahlreichen Shakespeare Zitaten unglaublich viel Hoffnung gemacht. Die Grundidee mit den Briefen und den Shakespeare Szenen war eine gelungene Idee. Auch ein längerer Brief einer hier-nicht-genannten Person war sehr gelungen und hat zu mindestens hier einigen Personen mehr Tiefe verleiht.

Insbesondere hat mir auch die Geschichte des Shakespeare Globe Theatres durch Professor Campbell Bryson gefallen, der den Unterschied zwischen Rosers und Globers erläutert hat. Sehr interessante Informationen, die für mich neu waren und die dem Pastiche wichtiges Hintergrundwissen gaben.

Das dramatische Ende mit dem Höhepunkt von Sherlock Holmes and the Shakespeare Globe Murders war sehr emotional und der Biograph Dr. Watson kam hier sehr menschlich und gelungen rüber. Sherlock Holmes and the Shakespeare Globe Murders ist zum Glück auch mit einigen Referenzen bestückt, die zu mindestens einen Bezug zu dem Kanon herstellen.

Auf der anderen Seite waren die Figuren zu einseitig und mit kaum einer Figurenentwicklung. Für mich persönlich waren die Namen einfach nur Namen ohne Tiefe.

Natürlich waren die Familienmitglieder rund um Adler mit dem amerikanischen Hintergrund interessanter aber bei dem Rest der Schauspieler kann ich das leider nicht behaupten. Es gab keine erkennbaren Konflikte der Figuren und ich konnte nicht wirklich mit den Figuren mitfühlen.

Auch die Struktur war zu einseitig: Mord, Brief, Mord, Brief usw… Auch wenn es bei jedem Mord ein neues Shakespeare Zitat gab, war die Struktur des Pastiches daher vorhersehbar. Verbunden mit dieser Tatsache bestand der Pastiche aus nur wenigen Orten, die auch nicht wirklich detailliert beschrieben wurden.

Worüber ich auch nach dem Pastiche noch länger nachgedacht habe und auch als ich meine Notizen durchgegangen bin: der Nutzen und der Grund von Sigmund Freud als Figur. Freud trägt zu dem Pastiche aus meiner Sicht nichts wertvolles dazu. Es wirkt wie ein Trio, wobei nur Sherlock Holmes am Ende den Fall löst, ohne das Freud etwas grundsätzlich Wichtiges dazu beiträgt.

Sherlock Holmes and the Shakespeare Globe Murders hat mich auf vielen Ebenen leider doch enttäuscht und ich musste mich auch durch die Seiten quälen. Irgendwie ist der Funke auch bereits am Anfang nicht wirklich übergesprungen. Ja, die Grundidee mit den Briefen, der gezeichneten Rose und den Shakespeare Zitaten war gelungen, doch war sowohl die Struktur als auch die Figuren leider enttäuschend. Sherlock Holmes and the Shakespeare Globe Murders fehlte es an Tiefe und auch ein wenig der „Doyle-Sprache“. Natürlich erwarte ich nicht auf jeder Seite eine Referenz zum Kanon, aber irgendwie ist doch das Ziel eines Pastiches die Welt von Sherlock Holmes und dem Meister Doyle nachzuahmen. Das ist bei diesem Pastiche leider nicht sehr überzeugend gewesen.

Empfehlenswert ist Sherlock Holmes and the Shakespeare Globe Murders für die Sherlock-Holmes-Fans, die eine klare Verbindung von Holmes & Shakespeare haben wollen. Dann müsst ihr aber über langweilige Figuren hinwegschauen.

> Kurzversion

+ Shakespeare als Grundthema mit Geschichte zum Globe, den Zitaten und der Familiengeschichte

+ das Grande Finale im Globe Theatre mit Emotionen!

einseitige und langweilige Figuren mit wenig/kaum Entwicklung

vorhersehbare Struktur (Mord, Mord, Mord…)

Nachahmung der Sprache à la Doyle nicht überzeugend genug, um die Welt von Sherlock Holmes authentisch zu gestalten

o Sinn und Nutzen von Sigmund Freud?!

> Bewertung

    

(2 von 5)

 


Quellen:


Weitere Reviews findest du hier.

SPOILER SPOILER SPOILER

Der „Tod“ von Sherlock Holmes. Holmes wird durch eine Kugel „getötet“. Natürlich alles in Anführungszeichen. Ihr wisst was ich damit meine! 😉

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