Der Artikel „Culverton Smith“ wurde im Baker Street Chronicle Ausgabe 24/2017 veröffentlicht und kann hier bestellt werden.

 


Culverton Smith in Illustrationen

Grimmig | Hager | Düster

Im Zuge der Veröffentlichung der Kurzgeschichte „The Adventure of the Dying Detective“ 1913 im englischen Strand Magazine und 1913 im amerikanischen Collier’s Magazine gibt es 4 Illustrationen, die den Bösewicht Culverton Smith darstellen.

Culverton Smith (links)

Walter Pagets Illustrationen fokussieren sich auf die erste Begegnung mit Watson und seinem „Stören“ von Culverton Smith, während die zweite Illustration das Widersetzen seiner Festnahme zeigt. Die erste Szene zeigt einen hageren Mann mit rundem Gesicht, am offenen Feuer sitzend und gestört von dem unmöglichen Umstand, dass eine fremde Person in sein Domizil eindringt. Die nach unten verwachsenen Mundwinkel, sein grimmig wirkender Blick in Richtung Watson, stellen dem Betrachter eine

Culverton Smith wird verhaftet

Person vor, die griesgrämig und anscheinend keine Gäste empfangen möchte. Die zweite Szene zeigt einen wehrhaften Culverton Smith, der gerade von Inspektor Morton verhaftet wird. Die Perspektive zeigt die genannten Eigenschaften und das gezeichnete Aussehen des Culverton Smith: Mit dünnem Haar besetzten runden Kopf mit kleinem Körper. Hageres Auftreten. Buschige Augenbrauen, breites Kinn. Ohne die Kurzgeschichte selbst, würde der Betrachter einen griesgrämigen, älteren Herren vermuten, aber keinen hinterhältigen Bösewicht selbst. Im Zusammenspiel mit der Kurzgeschichte ergibt sich ein Bösewicht, der zwar grimmig ausschaut, aber keine hinterhältigen Eigenschaften vermuten lässt.

Frederic Dorr Steele, der bekannte Illustrator für das amerikanische Collier’s Magazine, zeigt einen Culverton Smith, der im Vergleich zu Paget, boshafter dargestellt ist und sich auch ohne die Kurzgeschichte selbst, als Bösewicht zu bezeichnen ist. Während die erste Szene noch eine kurze Vorstellung seines Arbeitszimmers zeigt (im Sinne von Pagets Illustration), mit unterschiedlichen (medizinischen?) Flaschen und einem Culverton Smith, der hier als hagerer, gekrümmter Herr weniger griesgrämig nach Watson schaut. Die gekrümmte Haltung, die buschigen Augenbrauen und die hohe Stirn sind bei beiden Versionen gemäß der Kurzgeschichte illustriert. Die zweite Szene ist das Highlight der Illustrationen und zeigt das wahre Gesicht des Culverton Smith. Dunkel, unheimlich und heimtückisch zeigt sich Smith hier und zeigt wer hier wen beherrscht. Perspektivisch sieht der Betrachter einen Smith, der über Sherlock Holmes herrscht, weiß, dass er den großen Meisterdetektiv besiegt hat und das Geheimnis über Victor Savage mit ins Grab nimmt. Culverton Smith steht von Angesicht zu Angesicht und in seinem verschmitzten Lachen zeigen sich Erhabenheit und Macht über den Detektiv. Sherlock Holmes’ Schauspielkünste zeigen sich durch Authentizität aus und bleiben bis zum großen Finale glaubhaft.

Zusammenfassend kann an dieser Stelle festhalten werden, dass sowohl Walter Pagets als auch Frederic Dorr Steeles Illustrationen den Beschreibungen aus der Kurzgeschichte entsprechen und sich eng an den Beschreibungen des Biographen John H. Watson gehalten wurde. Während der Betrachter ohne die Kurzgeschichte selbst keinen „typischen“ Bösewicht vermuten würde, zeigt sich diese Boshaftigkeit in Steeles Version um so mehr. Die Kombination aus Beschreibung und Illustration verstärken die boshaften Eigenschaften des Bösewichten.

Culverton Smith im Stummfilm „The Dying Detective“ (1921)

Culverton Smith als Gentleman

Wissenschaftler | Aufmerksam | Clever

Die Stummfilm-Adaption „The Dying Detective“ aus dem Jahre 1921 zeigt eine Verfilmung, die für heutige Standards wesentlich langsamer und ruhiger daherkommt. Das Bild ist unscharf, körnig und die Tatsache, dass es sich um einen Stummfilm handelt, ein anderes Gefühl des Filmeschauens. Mit seinen seinen Adaptionen der „Stoll Pictures“ sind von der Kollektion „The Adventures of Sherlock Holmes“ nur fünf verfügbar (DYIN, DEVI, IDEN, TWIS und BERY). Laut Alan Barnes ist die Erzählweise dieser Stummfilme detailliert und mit zahlreichen Techniken („Flashbacks“) verfeinert (Z1). Die Tatsache, dass DYIN die erste Adaption der Stoll Picture Produktion ist, hat diese Adaption laut Chris Steinbrunner und Norman Michaels eine liebvolle Gestaltung der Baker Street und, wie in den Kurzgeschichten üblich, viele experimentelle Gerätschaften (Z2). Die Adaption macht einige Veränderungen zu der Originalkurzgeschichte und verändert gleich den Anfang.

Culverton Smith als Wissenschaftler

Sherlock Holmes verkleidet sich und besucht Culverton Smith, um ihm ein Geständnis über den Tod des Victor Savage zu entlocken. Smith jedoch entlarvt Holmes sofort, wodurch Smith danach eine kleine hölzerne Box mit giftigen Nadeln präpariert. Der Zuschauer erfährt, im Vergleich zu Kurzgeschichte, dass Sherlock Holmes nicht an der Krankheit erkrankt ist, denn er öffnet diese Box vorsichtig mit einer kleinen Nadel. Die giftigen Nadeln treten hervor und Sherlock Holmes kommt eine Idee, wie er Culverton Smith austricksen kann. Auch das Ende geht mit einer Veränderung einher. Culverton Smith möchte seine Tasche holen, um den ‚sterbenden‘ Holmes zu helfen. Der jedoch lässt sich durch einen anderen Mann nach oben schicken, der genauso aussieht wie Culverton Smith. Doch Sherlock Holmes hat dies bereits geahnt und lässt die Kutsche mit der Smith vorgefahren ist, observieren und den echten Smith festnehmen.

Eille Norwood ist ein typischer Sherlock Holmes! Mit seinem Morgenmantel bekleidet und der Pfeife im Mund, qualmt er ganz Baker Street mit seinem neuen Fall voll: „Case of Victor Savage – died of an obscure asiatic fever. How did he contract this in London?“ Sein Gegenpart, der berüchtigte Culverton Smith zeigt sich als ein Gentleman, ähnlich wie Holmes, mit einem hohen Drang zur Wissenschaft. Jung, mit hoher Stirn und einer grimmigen Mimik. Wenn dies bei Smith die Biologie und seine Krankheiten ist, ist es bei Holmes die Freude der Chemie. In der Adaption sieht man Smith als einen Wissenschaftler, bekleidet mit einem weißen Mantel, dunkler Fliege und einem gut gestutzten Bart. Seine Wohnung ist voll von medizinischen Flaschen. Mit seinem überraschenden, jungen Alter und seinem gepflegten Äußerem ist er im Vergleich zu der Kurzgeschichte unterschiedlich interpretiert worden. Während seines Aufenthalts bei dem sterbenden Sherlock Holmes zeigt sich Smith als ein Gentleman mit Zylinder, Fliege und einem adretten Jackett. Er ist ein aufmerksamer Mann, der gleich am Anfang die Verkleidung des Sherlock Holmes entlarvt und ihn mit einer Waffe aus dem Haus verjagt. Er ist clever, denn Smith versucht Holmes durch einen zweiten verkleideten Culverton Smith reinzulegen. Die Rückblenden der Adaption zeigen einen Smith, der gerade dabei ist seinen Neffen Victor Savage zu ermorden, in dem er eine kleine Spritze in den Arm steckt und anschließend umfällt. Durch seine Entschlossenheit und Schnelligkeit kommt ihm eine gewisse Beweglichkeit zu gute.

Culverton Smith und Sherlock Holmes

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass trotz der wenigen Veränderungen der Original-Kurzgeschichte, die Adaption einen Culverton Smith zeigt, der zwar jung, adrett und Züge eines Gentlemans besitzt, auch ein Mann der Heimtücke und Rücksichtslosigkeit ist. Auch der Versuch Holmes durch einen zweiten, verkleideten Culverton Smith zu täuschen, zeugt von einem cleveren, aufmerksamen Bösewicht. Insbesondere die Rückblenden der Ermordung des Victor Savage und der vergifteten Spritze zeigen einen Bösewicht, der mithilfe seiner Wissenschaft rücksichtlos seinen Neffen umbringt.

Fortsetzung folgt in Teil 3.


Quellen:


Weitere Artikel aus dem Baker Street Chronicle findet ihr hier auf meinem Blog.

 

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