Conan Doyle and the Creation of Holmes. So lautet der Untertitel von Arthur & Sherlock von Michael Sims. Arthur als reale Person. Sherlock als Schatten des Erschaffers. Wie es zum Meisterdetektiv Sherlock Holmes kam, wird bereits in zahlreichen Sachbüchern hinreichend erläutert. Also nur ein weiteres Sachbuch über den Werdegang von Arthur & Sherlock?

> Über den Autor

Der Autor Michael Sims lebt in Pennsylvania und ist ein namenhafter Schriftsteller von nicht-fiktionalen Büchern. Mit seinen veröffentlichten Zeitschriftsartikeln in der Washington Post oder auch der Los Angeles Times hat sich Sims einen Namen gemacht. Neben dem Schreiben ist Sims auch Herausgeber und Redakteur verschiedener fiktionaler Werke und Gedichte des viktorianischen Zeitalters und aus der Zeit von Edward VII (edwardian). Arthur & Sherlock ist 2017 sein einziges Werk mit dem Bezug zu Sir Arthur Conan Doyle und Sherlock Holmes.

> Weitere Werke des Autors

Seinen Bekanntheitsgrad hat Michael Sims mit dem Werk Adam’s Navel: A Natural and Cultural History of the Human Form (2003) erlangt. Aufgrund der Tatsache, dass ich keine weiteren Werke von Michael Sims kenne und es auch keine weiteren Sherlock-Holmes-Bücher von Sims gibt, sind weitere nennenswerte Werke hier nicht weiter notwendig.

> Inhaltliche Zusammenfassung

A medical student at the University of Edinburgh, Arthur Conan Doyle studied under the vigilant eye of Dr Joseph Bell. He observed as Dr Bell identified a patient’s occupation, hometown and ailments from the smallest details of dress, gait and speech. Although Doyle was training to be a surgeon, he was cultivating essential knowledge that would help him to define the art of the detective novel.

From Doyle’s early days surrounded by poverty and violence, through to his first days as a surgeon, Michael Sims traces the circuitous yet inevitable development of Arthur Conan Doyle as the father of the modern mystery. The incomparable Sherlock Holmes emerges as a product of Doyle’s varied lessons in the classroom and professional life.1

Die Grundidee von Arthur & Sherlock ist einfach: Wie schaffte es Arthur Conan Doyle als junger Mediziner zu einem der bekanntesten Autoren der viktorianischen Zeit? Woher nahm Arthur seine Inspiration für seinen Detektiv Sherlock Holmes? Welche Hürden und Schwierigkeiten hatte Arthur in der anfänglichen Zeit als Autor?

Mit diesen grundlegenden Fragen nimmt sich Arthur & Sherlock auf seinen 254 Seiten Zeit und Sims geht dabei detailliert und präzise vor. Die Figur Sherlock Holmes nimmt, anders als man es vermuten würde, in Arthur & Sherlock wenig Raum ein und „entsteht“ erst am Ende des Buches. Sims nimmt sich viel Zeit um die reale Persönlichkeit Arthur aufzubauen.

Arthur Conan Doyle

Zunächst beschreibt Michael Sims den jungen Doyle als Student an der Edinburgh Universität und setzt Dr. Joseph Bell als großen Schwerpunkt und große Inspiration für Doyle. Doyle’s Kindheit, der betrunkene Vater Charles Doyle sind weitere Schwerpunkte im ersten Drittel des Buches. Auch bereits Arthur als Weltenbummler mit der Hope und der Arktis klingt bereits hier an.

Die zweite Hälfte befasst sich dann schwerpunktmäßig mit Conan Doyle als Mediziner. Der noch junge Doyle ist mit seinem Studium fertig und möchte nun Geld verdienen. Sims beschreibt hier die großen Schwierigkeiten als junger praktizierender Arzt. Conan Doyle geht nach Portsmouth und versucht dort eine Existenz und sich einen Ruf als praktizierender Arzt aufzubauen. Nach einem schrecklichen Ereignis mit einem Patienten (Jack Hawkins) lernt er die Schwester Mary Louise kennen, die später auch seine Frau wird.

Der letzte, größte Teil des Buches befasst sich mit dem Aufflammen der schriftstellerischen Tätigkeit. Michael Sims holt hier sehr weit aus und nennt sehr detailreich die Einflüsse von Edgar Allan Poes Monsieur Dupin aber auch Gaboriaus Lecoq. Nicht nur finden hier zahlreiche Vergleiche mit den Detektiven statt, sondern auch der allgemeine Ursprung des Detektivs hat eine zentrale Rolle. Mit diesen ersten Spuren beginnt der Stein ins Rollen zu kommen: Doyle’s Wissenschaftlicher Detektiv als Neuschöpfung, Beeton’s Christmas Annual, das Langham Dinner mit Oscar Wilde und natürlich das glorreiche The Strand Magazine. Erschaffen ist Sherlock Holmes.

> Schreibstil und Struktur

Mit einem neuen Schaubild möchte ich in den folgenden Reviews auf die Sprache eines Werkes eingehen. Grundsätzlich merkt man sofort, dass Michael Sims ein Autor und Verfasser zahlreicher Schriften und Zeitungsartikel ist. Sims’ Sprache ist präzise ohne dabei zu bildhaft zu werden. Es ist aber auch nicht zu wissenschaftlich, da Sims keinerlei wissenschaftliche Literaturtheorien verwendet. Sims belegt seine Erkenntnisse, Verweise und Erläuterungen mit zahlreichen direkten Zitaten oder fasst auch gerne noch einmal einige Kurzgeschichten von Sherlock Holmes zusammen.

Sehr angenehm ist die Länge der einzelnen Kapitel. Sims verwendet dabei 30 Kapitel und teilt Arthur & Sherlock in drei Teile ein:

    1. Dr. Bell and Mr. Doyle
    2. Prophets and Police
    3. Mr. Holmes and Dr. Watson

Man kann die kurzen Kapitel immer schnell lesen ohne dabei groß zu unterbrechen. Weiterhin bergen die Titel der Kapitel immer versteckte Botschaften, die man zunächst nicht genau zuordnen kann. Ein Beispiel wäre das Kapitel Drinking Poison, bei der Arthur Conan Doyle als junger Wissenschaftler dargestellt wird, der mit Giften experimentiert hat und sogar Gelseminum getrunken hat, um die Wirkung zu analysieren. Kommt einem doch von Sherlock Holmes bekannt vor? Gelungen ist auch, dass Sims immer sehr weit ausholt, um ein weiteres Ereignis von Arthur Conan Doyle zu beschreiben. Ein Beispiel wäre hier der erste Versuch von Doyle seinen Detektiv zu skizzieren. Sims geht sehr weit in die Zeit zurück und skizziert zunächst detailreich Poes und Gaboriaus Detektive.

Unglaublich gut gefallen hat mir die Herangehensweise von Michael Sims. Mir kam es beim Lesen von Arthur & Sherlock nicht so vor, dass ich eine Biografie über Arthur Conan Doyle lese. Für mich war es an vielen Stellen eine Reise mit Conan Doyle, die mit vielen Fakten aus der Zeit eingebettet wurden. Man lernt nicht nur viele Aspekte und Lebensabschnitte über Conan Doyle, sondern auch vieles über Joseph Bell, den eigenen Mentor von Bell (James Syme), die Probleme von Charles Doyle und z.B. die Anfänge von The Strand Magazine und George Newnes. Sims erklärt somit nicht nur stur die Erlebnisse von Doyle, sondern auch beschreibt detailreich den Kontext und die Umstände der viktorianischen Zeit. Hervorzuheben ist der Ursprung der Detektive rund um Poe & Gaboriau.

Es gibt so viele Details, die Arthur & Sherlock bietet. Wie viel hat Arthur Conan Doyle mit seiner ärztlichen Tätigkeit in Portsmouth verdient? Wie sollte das The Strand Magazine eigentlich heißen? Wie wurde Arthur Conan Doyle in einem Artikel des Glasgow Herald über das Erstlingswerk A Study in Scarlet geschrieben? Welchen Einfluss hatte schottische Autor Sir Walter Scott auf Doyle? Diese Liste an Fragen kann endlos weitergeführt werden.

Die Komplexität hat den großen Vorteil, dass sich Arthur & Sherlock an viele Leserschichten richtet. Natürlich kann der absolute Anfänger überfordert sein, aber bietet viele Anknüpfungen in die Welt von Sherlock Holmes. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass selbst Experten noch einige neuen Details finden können. Für mich persönlich war es ein großes Feuerwerk an neuen Informationen, die ich mir für zukünftige SherlockSundays aufgeschrieben habe.

Nach der Seite 197 folgt ein abruptes Ende. Diese Tatsache würde ich zweischneidig betrachten. Einerseits könnte Arthur & Sherlock locker über 800-1000 Seiten haben, wenn man das gesamte Leben von Arthur Conan Doyle in dem Stil weiterführen würde. Auf der anderen Seite war das Ende doch sehr abrupt. Sims lässt das Buch nach der Veröffentlichung von The Sign of Four enden und dem weiteren Auftrag von weiteren Kurzgeschichten vom The Strand Magazine. Sims belässt es dabei die ersten Pastiches oder auch später die ersten Stummfilme zu nennen. Er hört nach dem Bekanntwerden von Arthur Conan Doyle auf. Natürlich ist der Wunsch immer da, dass es weitergeht, jedoch hätte ich mir trotzdem gewünscht, dass Arthur & Sherlock ein wenig länger wäre. Ungefähr 300-350 Seiten wären eventuell möglich gewesen, die noch z.B. den Bezug zu ersten Theateraufführungen zu ziehen. Hier hat Doyle ja auch einen Versuch mit The Speckled Band gestartet. Vielleicht gibt es irgendwann einmal Arthur & Sherlock II. Aber vielleicht lieber doch nicht…

Arthur & Sherlock ist ein grandioses Buch von Michael Sims. Das Buch kam 2017 heraus und wurde häufig mit dem Buch From Holmes to Sherlock (zu deutsch: Von Mr. Holmes zu Sherlock) von Mattias Boström. Ihr könnt euch meine Review dazu hier anschauen, jedoch sind es zwei unterschiedliche Bücher mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Ich habe das Buch über Weihnachten 2019 gelesen und es war eine große Freude. Sims schafft es mit einem angenehmen Schreibstil (nicht zu wissenschaftlich, nicht zu locker) und vielen, vielen Details eine Reise mit Conan Doyle zu zeichnen und keine langweilige Biografie über Conan Doyle.

Leider gibt es keine deutsche Ausgabe. Für absolute Anfänger der englischen Sprache ist das Buch meiner Meinung nicht geeignet und richtet sich an fortgeschrittene Leser. Wer aber einigermaßen der englischen Sprache mächtig ist, dem sei Arthur & Sherlock: Conan Doyle and the Creation of Holmes sehr zu empfehlen.

> Kurzversion

+ eine Reise mit und nicht über Conan Doyle (viel Kontext und Details)

+ viele Ereignisse und Personen umfangreich beschrieben (Poe, Bell, Newnes, A. T. Watt, Jack Hawkins, D. H. Friston…)

+ historische Ursprünge des Detektivs von Lecoq über Poe zu Holmes

abruptes Ende

o absolute Neulinge könnten überfordert sein

> Bewertung

 

(5 von 5)


Quellen:


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